Green Bonds zum Schnäppchen­preis

Den nachhaltigen Mehrwert von Green Bonds gibt es jetzt fast zum Nulltarif. Unter der Lupe zeigen sich jedoch feine Unterschiede zwischen den Sektoren. Wie hoch diese sind, und was dahinter steckt.

Autor: Samuel Manser

Green Bonds dienen beispielsweise zur Finanzierung von Solarparks (Quelle: istockphoto.com)

Das Green-Bond-Angebot bei Unternehmensanleihen hat sich in den vergangenen Jahren von einem Nischensegment zu einem bedeutenden und liquiden Markt entwickelt, welcher mittlerweile über 5% des ausstehenden Volumens an globalen Investment-Grade-Unternehmensanleihen ausmacht. Im Zuge dieses Wachstums haben sich die Renditenachteile gegenüber gewöhnlichen Anleihen deutlich verringert. Aus unseren Berechnungen geht nun gar hervor: Green Bonds sind so günstig wie nie zuvor. Das macht sie zu einer interessanten Beimischung in einem Portfolio nachhaltiger Unternehmensanleihen. In Segmenten, in denen das Angebot an Green Bonds knapp ist, bleiben allerdings Renditenachteile bestehen.

Wofür werden Mittel aus Green Bonds verwendet? Was ist ein «Greenium»?

Mit Green Bonds werden Projekte finanziert, die sich positiv auf die Umwelt auswirken. Zudem profitieren Investorinnen und Investoren von einem dedizierten Reporting sowie einer externen Zertifizierung oder Zweitmeinung. Das kann zu einem Renditeunterschied zwischen einem gewöhnlichen und einem Green Bond führen, der als «Greenium» bezeichnet wird. Dieses Greenium kann leicht bestimmt werden, falls eine grüne Zwillingsanleihe vorliegt, wie beispielswiese bei der deutschen Bundesanleihe. Dieser Fall ist aber die Ausnahme, denn grüne Unternehmensanleihen unterscheiden sich unter anderem in Laufzeit, Coupon, Währung, Liquidität von normalen Anleihen. Dies erschwert die Messung des Greeniums.

Greenium nahe Null

In einem früheren Blog-Beitrag haben wir einen Ansatz vorgestellt, der das Greenium für den Schweizer Markt misst. Diesen wenden wir nun auf globale Investment-Grade-Unternehmensanleihen an. Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung des durchschnittlichen Greeniums und das 95%-Konfidenzband seit Juli 2020.

Quelle: Intercontinental Exchange (ICE), eigene Berechnungen

Nachdem das durchschnittliche Greenium zu Beginn deutlich negativ war, hat es sich seither verringert. Aktuell beträgt es im Schnitt nur noch etwa. 4 Basispunkte (Bps), ist aber statistisch signifikant von Null verschieden. Den nachhaltigen Mehrwert, welchen Green Bonds bieten, bekommen Investorinnen und Investoren quasi zum Nulltarif.

Gründe für die Greenium-Erosion

Das Greenium wird durch Angebot und Nachfrage nach Green Bonds bestimmt. Das Angebot hat sich in den vergangenen Jahren stark vergrössert. Die nachfolgende Abbildung zeigt das starke Wachstum seit 2020. Der Anteil von Green Bonds hat sich mit aktuell über 5% am globalen Investment-Grade-Unternehmensanleihen-Markt mehr als verdoppelt. Das steigende Angebot an Green Bonds führt zu einem sinkenden Greenium.

Quelle: Intercontinental Exchange (ICE), eigene Berechnungen

Feine Unterschiede zwischen den Segmenten

Unser Ansatz erlaubt uns auch, das Greenium für einzelne Segmente zu messen. Auch hier stellen wir fest: Je knapper das Angebot an Green Bonds, desto höher das Greenium, und umgekehrt. Das Greenium für EUR Unternehmensanleihen ist Null, und mittlerweile beträgt deren Anteil 15%. Für USD Firmenobligationen beträgt es statistisch signifikante 5 Bps (im Schnitt). Der Anteil an Green Bonds in USD macht nur 2% aus, und das Wachstum ist im letzten Jahr abgeflacht. Für die knappen USD Green Bonds müssen Investoren also einen höheren Renditenachteil in Kauf nehmen.

Auch zwischen den Sektoren gibt es Unterschiede. Die nachfolgende Tabelle zeigt jeweils drei Sektoren mit dem grössten bzw. kleinsten Greenium für EUR Corporate Bonds. Sektoren wie Technologie, Energie und Konsumgüter weisen deutliche Greeniums auf. Diese Sektoren haben auch den geringsten Anteil an Green Bonds. Sektoren wie Industrie, Immobilien und Autohersteller hingegen weisen kein statistisch signifikantes Greenium mehr auf. Diese Sektoren haben einen hohen Anteil an Green Bonds. Nimmt der Anteil an Green Bonds zu, tendiert auch das Greenium gegen Null.

Sektor

Greenium (Bps)

Anteil Green Bonds

Technology

-16

4%

Energy

-10

3%

Consumer Goods

-8

2%

Basic Industry

6

8%

Real Estate

6

29%

Automotive

5

14%

Quelle: Intercontinental Exchange (ICE), eigene Berechnungen

Zwei Takeaways:

Erstens, die Renditenachteile von Green Bonds haben gegenüber gewöhnlichen Anleihen deutlich abgenommen. Ein wesentlicher Treiber hierfür war das stark gestiegene Angebot am Markt. In Segmenten wie beispielsweise EUR Bonds, in denen das Wachstum besonders stark war, ist der Renditenachteil im Durchschnitt ganz verschwunden. Der nachhaltige Beitrag von Green Bonds ist für Investorinnen und Investoren also oftmals ohne Renditeeinbusse realisierbar.

Zweitens: Segmente, in denen Green Bonds knapp bleiben, wie beispielsweise im USD-Markt oder in bestimmten Sektoren, weisen aber weiterhin ein signifikantes Greenium auf. Das kann ein Anreiz für Emittenten in solchen Sektoren sein, mit Green Bonds von tieferen Finanzierungskosten zu profitieren.

Wie schätzen wir das Greenium für den Obligationenmarkt?

Monatlich schätzen wir mittels einer Panel-Regression das Greenium, indem wir die Spreads (Zinsaufschlag auf den risikolosen Swapzinssatz) der Bonds auf verschiedene Kontrollvariablen und einen Green-Bond-Indikator regressieren. Der geschätzte Koeffizient des Green-Bond-Indikators reflektiert das durchschnittliche Greenium im Markt zum jeweiligen Zeitpunkt. Wir kontrollieren für die Duration, die quadrierte Duration, den Währungsindikator und den Emittenten mittels Bloomberg Ticker Dummy. Für die Regression verwenden wir nur Senior Bonds.