Immobilienfonds: Der Marktausblick 2025
Die Schweizer Bauwirtschaft und Immobilienfonds profitieren von sinkenden Zinsen. Und es ist mit steigenden Preisen für Wohnimmobilien zu rechnen – was das für Immobilien-Investments bedeutet, erläutert Stephan Lüthi im Interview.
Wie blickst du als Immobilienanleger in das Jahr 2025?
Stephan Lüthi: Mit grosser Zuversicht. Die Schweizer Immobilienbranche profitiert derzeit von starkem geldpolitischen Rückenwind. Die Leitzinsen wurden 2024 um 125 Basispunkte auf 0,5% gesenkt und weitere Zinssenkungen im laufenden Jahr sind wahrscheinlich. Während sich auf der Kreditvergabeseite eher eine Verknappung abzeichnet, entwickelten sich die Refinanzierungskosten vorteilhaft. Derzeit fliesst wieder viel Geld in den Schweizer Immobilienmarkt. Dies zeigt sich etwa am Volumen erfolgreicher Kapitalaufnahmen von Immobilienprodukten. Dieses näherte sich im vergangenen Jahr mit über vier Milliarden Schweizer Franken wieder dem Rekordniveau vor der Zinswende an. An der Schweizer Börse kotierte Immobilienfonds (SWIIT-Index) zeigten im vergangenen Jahr eine starke Performance von 17,6% und handelten per Jahresende mit einem durchschnittlichen Agio von über 30% gegenüber dem inneren Wert, was die Attraktivität der Anlageklasse unterstreicht. Auch 2025 dürfte für institutionelle Anleger kein Weg an Schweizer Immobilien vorbeiführen.
Zur Person
Stephan Lüthi leitet seit 2014 den Bereich Real Estate im Asset Management der Zürcher Kantonalbank und ist in dieser Funktion verantwortlich für die Immobilienanlagen von Swisscanto. Bevor er 2014 zur damaligen Swisscanto stiess, leitete er bei Wincasa das Bau- und Facility Management und war Mitglied der Geschäftsleitung. Stephan Lüthi hat Architektur studiert, einen Master of Science Real Estate (CUREM) und ein Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft absolviert.
Sind erneut flächendeckende Immobilienaufwertungen zu erwarten?
Im Wohnsegment und bei erstklassigen kommerziellen Liegenschaften sind marktweite Aufwertungen im tiefen einstelligen Bereich für das 2025 das wahrscheinlichste Szenario. Einerseits dürften sich die niedrigeren Leitzinsen in tieferen Diskontierungssätzen manifestieren. Anderseits erfreuen sich diese Segmente auf dem Transaktionsmarkt eines besonders hohen Investoreninteresses. Gleichzeitig ist das Angebot an attraktiven Investitionsopportunitäten limitiert. Entsprechend dürften die Transaktionspreise in den nächsten Monaten wieder steigen und die seit 2022 gestiegenen Ankaufsrenditen deutlich zurückgehen. Dämpfend auf die Wertentwicklung wird eine Reduktion des Referenzzinssatzes bei Wohnimmobilien wirken. Ob auch riskantere Immobiliensektoren einen Wertzuwachs erfahren, hängt sowohl von weiteren Zinssenkungen als auch vom Risikoappetit der Marktteilnehmenden ab.
Droht erneut eine Rückkehr zu Null- oder sogar Negativzinsen?
Geld soll etwas kosten. Ein angemessenes Preisschild für Kredite ist ein wertvolles Disziplinierungs- und Steuerungsinstrument für eine sinnvoll ausgewogene Investitionstätigkeit. Billiggeld führt stattdessen zu Fehlanreizen, erhöhtem Risikoverhalten und Übertreibungen, die mittelfristig zu Verwerfungen an den Anlage- und Immobilienmärkten führen können. Wir konnten dies auch wieder in diesem Zyklus beobachten. Viele internationale Immobilienmärkte mit tendenziell höheren Fremdfinanzierungsraten erlebten während der Zinswende deutliche Korrekturen im zweistelligen Prozentbereich. Die Folgen waren teilweise spektakuläre Konkurse, ob in Deutschland, den USA oder China, insbesondere bei Entwicklern und Baufirmen, die immense Schulden mit kostenlosem Geld angehäuft hatten.
Was sind die Aussichten für den Mietmarkt?
Der robuste Mietmarkt war die grosse Stütze für Schweizer Immobilienanlagen in den letzten Jahren. Im Wohnungsmarkt kann mittlerweile gesamtschweizerisch von einer Wohnungsknappheit gesprochen werden. Diese dürfte sich in absehbarer Zeit angesichts der tiefen Bauvolumen bei anhaltend hoher Zuwanderung nicht wesentlich verändern. Die Angebotsmieten im Wohnsegment werden daher weiter anziehen. Bei den Bestandsmieten könnte hingegen eine gewisse Entspannung einkehren. Der Referenzzins dürfte im nächsten Jahr mindestens einmal sinken, von 1,75 auf 1,50 Prozent. Das entspräche einer Mietzinsreduktion von zirka vier Prozent.
Und wie sind die Prognosen für gewerbliche Immobilien?
Die kommerzielle Flächennachfrage hängt vor allem von den wirtschaftlichen Aussichten ab, die in der Schweiz durchaus stabil scheinen. Die aktuelle Leerstandsituation in den grossen Segmenten Büro, Verkauf & Gewerbe ist zudem überschaubar. In den Innenstädten von Zürich und Genf sind aktuell kaum grössere leerstehende Büroflächen zur Miete verfügbar. Ausserhalb der Innenstädte ist die Bürosituation kompetitiver. Grössere Leerstände sind aber meist auf bestimmte Teilmärkte oder auf einzelne Liegenschaften beschränkt.
Wie wird sich die Situation in der Bauindustrie entwickeln?
Generell spricht vieles für ein hohes Bauvolumen in den nächsten Jahren. Dies, weil der Zuwanderungsdruck kaum substanziell nachlassen dürfte. Die Schweiz rangiert hinsichtlich Lebensqualität, Stabilität und als Wirtschaftsstandort weit oben. Auch deswegen rückt die «10-Millionen-Schweiz» näher. Angesichts dieser Tendenzen ist das Forcieren des Wohnungsbau wünschenswert und wirtschaftlich attraktiv, die Umsetzung aber mit Hindernissen verbunden.
Du sprichst die Regulierungsdichte an.
Ja, langwierige Bewilligungsprozesse und exzessive Rekurse als Verhinderungstaktik sind zweifelsohne hohe Hindernisse für den urbanen Wohnungsbau. Positiv ist indes, dass aufgrund der akuten Wohnungsknappheit die Problematik politisch intensiver diskutiert wird. Viele politische Kräfte suchen nach Lösungen, um die Bewilligungsprozesse zu beschleunigen und den Wohnungsbau zu intensivieren. Der Zenit der raumplanerischen Regulierung dürfte damit überschritten sein. Das Problem des mangelnden Wohnungsbaus lässt sich nur über eine Angebotsausweitung nachhaltig lösen. Das erfordert zum einen Anreizsysteme an Stelle von Verboten. Zum anderen gilt es, den Wohnungsbau durch öffentliche Träger, Genossenschaften und private Bauherren gleichermassen voranzutreiben. Zentral dabei ist eine Verdichtung im städtischen Siedlungsraum, um Zersiedlung zu verhindern.
Wohin gehen die Nachhaltigkeitstrends?
Die Orientierungsphase neigt sich dem Ende zu und die Branche hat sich auf Grundkonzepte geeinigt. Nun gilt es, diese zu verfeinern, zu konsolidieren und transparente Branchenstandards zu etablieren, um die Vergleichbarkeit verschiedener Anlageprodukte zu gewährleisten. Bei der Berichterstattung der Umweltkennzahlen zur Klimaneutralität wurden in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht bis hin zur Revisionstauglichkeit. Bei den CO2-Absenkpfaden herrscht dagegen noch wenig Koordination. Doch auch hier gibt es Bestrebungen, eine gewisse branchenweite Standardisierung und damit Vergleichbarkeit herzustellen. Neben Themen wie der Messung von Scope-3-Emissionen, den physikalischen Risiken auf Immobilienebene sowie der Wasserverbrauchseffizienz, rückt zunehmend die Kosteneffizienz in den Fokus. Durch den Einsatz intelligenter Automatisierungen und die Offenheit gegenüber technischen Innovationen soll die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen bei gleichen Kosten beschleunigt werden.