Wie nachhaltig ist das vorweihnachtliche Fed-Geschenk?
Mit der Aussicht auf baldige Zinssenkungen beglückte die US-Notenbank Fed die Börsen mit einem vorweihnachtlichen Präsent. Wir nehmen dieses Kursmomentum mit, bleiben aber skeptisch.
November und Dezember sind saisonal gute Monate für die Aktienmärkte, in den vergangenen 20 Jahren waren sie jeweils nur fünfmal negativ. Dieses Jahr war dieser Effekt mit einem Gewinn von neun Prozent im November beziehungsweise rund drei Prozent im Dezember besonders ausgeprägt. Mit diesem Wissen hatten wir unsere fundamental vorsichtige Haltung bereits etwas entschärft.
Softlanding ohne Begleitschaden?
Fast überall, wo die Zentralbanken in den vergangenen zwei Jahren die Zinsen erhöht haben, erwartet der Markt nun wieder, dass diese Zinsschritte zum Grossteil rückgängig gemacht werden. Einen massgeblichen Anteil daran hat die US-Notenbank Fed, die bereits drei Zinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt hat. An den Terminmärkten wird mit einer ersten Zinssenkung bereits im kommenden März gerechnet. Die Erfolge in der Bekämpfung stark steigender Konsumentenpreise haben die Strasse dazu geebnet, allerdings sind weitere Engpässe, zum Beispiel am Arbeitsmarkt oder am Häusermarkt, nicht entschärft. Ob es den Notenbanken tatsächlich ohne jeglichen Schaden gelingen wird, den Preisdruck und die Inflationserwartungen zu normalisieren, werden wir erst im Verlauf des ersten Quartals auf der Basis der Wirtschaftsindikatoren erfahren. Ein Softlanding ist mittlerweile aber vollständig eingepreist.
Kritische Phase erwartet
Wir bleiben weiterhin skeptisch und erwarten im ersten Halbjahr, im Sog weniger positiven Konjunkturzahlen, eine kritische Phase mit Kursverlusten bei riskanten Anlagen wie Aktien und Anleihen tiefer Bonität. In der Zwischenzeit wird das Kursmomentum und die Zuversicht im Markt ohne äusseren Einfluss allerdings kaum deutlich abnehmen. Deswegen wollen wir mit einer Erhöhung der Aktienquote auf neutral diesen Schwung mitnehmen und schwimmen vorerst mit dem Strom. Falls die Hoffnungen sich bestätigen sollten, würden zum Beispiel globale Nebenwerte überdurchschnittlich davon profitieren.
Wie schätzen wir die Finanzmärkte aktuell ein und wie sind wir positioniert?
- Globale Nebenwerte sind aktuell mit einem KGV von 19 ähnlich bewertet wie Large Caps. Historisch handelten diese jeweils mit einer Prämie.
- Bis Ende Oktober haben Nebenwerte um saftige elf Prozent underperformt. Nun hat die Aufholjagd begonnen.
- Ursprünglich haben wir den Kauf von Nebenwerten für das zweite Halbjahr 2024 vorgesehen, aufgrund der aktuellen Marktlage ziehen wir diesen Entscheid nun vor.
- Die norwegische Krone hat seit 2022 rund 25 Prozent gegenüber dem Schweizer Franken verloren. Gründe waren sinkende Einnahmen aus der Erdölförderung infolge tieferer Ölpreise und eine hartnäckige Inflation (4,8 Prozent).
- Inzwischen scheint es uns nur eine Frage der Zeit, bis die restriktive Geldpolitik (4,5 Prozent Leitzins) ihren Effekt zeigen wird, folglich investieren wir in NOK-denominierte kurzfristig laufende Anleihen.
- Im Gegenzug verkaufen wir australische Staatsanleihen, welche vom jüngsten Renditerückgang profitierten (sechs Prozent in Lokalwährung seit November plus ein Prozent Währungsaufwertung).
- Die US-Staatsanleihen haben von der verbalen Kehrtwende in der Geldpolitik markant profitiert. So reduzierten sich beispielsweise die Renditen zehnjähriger Laufzeiten auf unter vier Prozent, während sie anfangs November noch bei fünf Prozent notierten.
- Der Markt hat nun für die USD-Zinsen einiges eingepreist. Deshalb favorisieren wir andere Währungen (beispielsweise EUR und GBP).
- Insbesondere investieren wir auch in Obligationen mit Inflationsschutz, denn diese eskomptieren mittlerweile eine Inflation nahe bei zwei Prozent, also so tief wie in der Niedrigpreis-Phase vor Covid.