Aktienmärkte trotzen US-Wahlen: Jahresendrally in Sicht
Die bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen kümmern die Börsen wenig. Denn die Konjunktur ist robust, und von der Geld- und Fiskalpolitik ist viel Rückenwind zu erwarten. Wir kaufen deshalb US-Aktien und reduzieren im Gegenzug Schweizer Titel. Bei US-Staatsanleihen bleiben wir hingegen vorsichtig.
Text: Nicola Grass
Trotz der bevorstehenden US-Wahlen bleibt das Momentum an den Aktienmärkten ungebrochen. Der Aufwärtstrend ist intakt – und nun beginnt die saisonal stärkste Phase des Jahres. Übliche Treiber sind unter anderem Einzahlungen in die private und berufliche Vorsorge sowie ein Weihnachtsgeschäft, das Unternehmen höhere Umsätze beschert. Das Umfeld für Aktien bleibt dank einer robusten Konjunktur, weltweit ausgeprägten Zinssenkungen, lockeren Finanzkonditionen und einer expansiver Fiskalpolitik unterstützend. Obwohl das Gewinnwachstum in den USA im dritten Quartal mit 3% im Jahresvergleich eher bescheiden ausfiel, haben die Unternehmen mit ihren Gewinnausweisen erneut positiv überrascht.
Stein des Anstosses: Hohe Bewertungen
Sorgen bereitet uns hingegen die Bewertung. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 25 ist der US-Leitindex S&P 500 historisch gesehen extrem hoch gepreist. Dies gilt umso mehr angesichts der sportlichen Gewinnschätzungen von 14% für das Jahr 2025. Die Aktienrisikoprämie ist deshalb aufgrund des kürzlichen Renditeanstiegs in den USA wieder negativ. Auch das Sentiment wird euphorischer. Anlegerinnen und Anleger sichern sich kaum ab, nur noch wenige rechnen mit einer Rezession und viele haben Aktien zulasten von Liquidität und Obligationen gekauft. Was wiegt schwerer? Die positiven Faktoren überwiegen, denn eine Überhitzung – wie beispielsweise 1999 mit einer Flut von neuen Finanzprodukten in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation – ist (noch) nicht eingetreten. Wir rechnen deshalb bis zum Jahresende mit weiteren Kursgewinnen bei Aktien und bleiben übergewichtet.
US-Schuldenturm – höher und höher
Bei den Obligationen halten wir aufgrund der sehr tiefen Kreditrisiko-Prämie und der nach wie vor unattraktiven «Eidgenossen» an unserer Untergewichtung fest. Auch bei den US-Staatsanleihen bleiben wir vorsichtig. Dies, da die Staatsverschuldung dort unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen weiter ansteigen dürfte. Wir bevorzugen Staatsanleihen aus der Eurozone, wo das Schulden- und Wirtschaftswachstum schwächer sind.
Wie schätzen wir die Finanzmärkte aktuell ein, und wie sind wir positioniert?
Schweizer Aktien mit enttäuschender Gewinndynamik
- Der breite Schweizer Aktienindex SPI kommt nicht vom Fleck und tendiert seit Juni seitwärts. Der defensive Charakter und die Belastung durch den starken Schweizer Franken machen den Heimmarkt derzeit unattraktiv.
- Während die Unternehmensgewinne in den USA wieder anziehen, bleibt das Wachstum in der Schweiz verhalten. Die Stagnation des Schwergewichts Nestle (0% erwartetes Gewinnwachstum im 2025) wirkt kaum beflügelnd.
- Wir reduzieren Schweizer Aktien auf neutral.
Günstige US-Banken mit starkem Preis-Gewinnmomentum
- Die Gewinne der US-Banken fielen im dritten Quartal rund 10% höher aus als von den Analysten erwartet. In der Folge setzten die Aktienkurse ihren Aufwärtstrend fort, wobei die Aufwärtsrevisionen im Vergleich zum Gesamtmarkt sehr hoch ausfielen.
- Trotz den bereits stattlichen Gewinnen (32% seit Jahresbeginn) bleibt der Bankensektor relativ günstig bewertet (KGV von 13 vs. 25 beim SPX).
Der starke US-Dollar wird zur Belastung für Schwellenländer-Anleihen
- Seit März 2022 halten wir ein Übergewicht in Schwellenländer-Anleihen, zulasten von globalen Staatsanleihen. Seither haben wir eine Outperformance von 19% erzielt. Dies erwies sich als einer unserer besten Trades bei den Obligationen.
- Nun scheint sich der Wind etwas zu drehen, die Kurse leiden unter dem stärkeren US-Dollar, eine Trendwende scheint möglich.
- Während der Zinssenkungszyklus in den asiatischen Ländern noch bevorsteht, haben südamerikanische Länder wie Brasilien die Zinsen bereits wieder angehoben.
- Da die Realrenditen weiterhin sehr attraktiv sind und die Schuldendynamik besser unter Kontrolle erscheint als in einigen Industrieländern, behalten wir die Position bei. Wir halbieren aber unser Übergewicht und nehmen somit einen Teil der Gewinne mit.