Unsere Klimastrategie bei Swisscanto Anlage­produkten – ein Zwischen­fazit

Seit 2020 sind unsere aktiv verwalteten Swisscanto Anlageprodukte, die in tradi­tionelle Anlagen investieren, mit konkreten Klimazielen versehen. Nach vier Jahren ziehen wir eine insgesamt erfreuliche Bilanz und nehmen einige Adjus­tierungen am Produktportfolio vor.

Fabio Pellizzari

Die Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen hält an (Bild: iStock.com).

Die Verpflichtungen der Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen haben bedeutende Auswirkungen auf die Investitionslandschaft. Sie schaffen einerseits Chancen für Anlegerinnen und Anleger, die Gelder in Unternehmen zu investieren, die sich auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz und kohlenstoffarme Tech­nologien konzentrieren. Andererseits bergen sie auch Transitionsrisiken. Dazu zählen insbesondere sogenannte Stranded Assets. Dies sind Vermögenswerte, die vorzeitig an Wert verlieren oder nicht mehr rentabel sind aufgrund technologischer, öko­nomischer, regulatorischer oder ökologischer Veränderungen. In der Diskussion um den Klimawandel und den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft geraten etwa die Kohle-, Öl- und Gasindustrie zunehmend in Bedrängnis.

Die Festlegung eines Preises für CO2 über die Einführung des Emissions­zertifikat­handels stellt ein weiteres Transitionsrisiko dar. Betroffene Unternehmen müssen Zertifikate erwerben, um CO2 emittieren zu dürfen. Je stärker die Nachfrage nach Zertifikaten, desto höher der Preis. Letzterer ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Kapitalkosten von Unter­nehmen, die stark von fossilen Brennstoffen abhängig sind. Gleichzeitig setzt ein steigender CO2-Preis Anreize für Unternehmen, in kohlenstoffarme Technologien und erneuerbare Energien zu investieren, da diese im Vergleich zu fossilen Brenn­stoffen wettbewerbsfähiger werden. Unternehmen, die frühzeitig in diese Bereiche investieren, könnten langfristig möglicherweise von niedrigeren Betriebs­kosten und einer verbesserten Wettbewerbsposition profitieren.

Aufgrund der Risiken und Chancen, welche sich aus dem Klimawandel und der Transition zu einer kohlestoffarmen Wirtschaft ergeben, hatten wir uns im Jahr 2020 entschieden, bei den aktiv verwalteten Anlageprodukten (Anlagefonds und Anlage­gruppen) der traditionellen Anlageklassen, unsere Investitionstätigkeit in Orientierung am Pariser Klimaabkommen auf ein <2-Grad-Ziel oder teilweise nach dem 1,5-Grad-Ziel auszurichten. Das bedeutet, die CO2e-Emissionen der Anlagen jährlich um mindestens vier Prozent zu reduzieren. Bei den Sustainable-Produkten (Anlagefonds und Anlagegruppen) beträgt der Reduktionssatz mindestens 7,5 Prozent pro Jahr. Davon ausgenommen wurde der Fonds «Swisscanto (LU) Bond Fund Responsible Emerging Markets Opportunities».

Die Grundprinzipien unserer Klimastrategie

  1. Unser oberstes Gebot ist es, die uns anvertrauten Kundenvermögen im Hinblick auf das Rendite-Risiko-Profil optimal zu bewirtschaften. Dabei beziehen wir auch Chancen und Risiken in unsere Anlage­entscheidungen ein, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Sollte die Einhaltung von klimabezogenen Portfolio­vorgaben jedoch zu ungünstigen Risiko-Rendite-Profilen in unseren Portfolios führen, hat der Risiko-Rendite-Aspekt Priorität.
  2. Mit Investment Stewardship und Kapitalallokation haben wir zwei Instrumente an der Hand, mit denen wir klimabezogene Aspekte in Portfolios integrieren können. Über den Dialog mit der Unternehmensführung und mittels Stimm­rechts­ausübung können wir Unternehmen dazu auffordern, wirksame CO2e-Reduktionsziele zu formulieren und umzusetzen. Andererseits können wir in unseren Portfolios Anlagen in Unternehmen und Staaten mit hohen Treib­haus­gas­emissionen ohne eigene Absenkpläne untergewichten oder durch Anlagen in CO2e-effiziente Unternehmen und Staaten mit ambitionierten Reduktionszielen ersetzen.

Wo steht der Markt heute?

Unser Modell eines Absenkpfades zur Senkung der CO2e-Intensität in den mass­geblichen Sustainable- und Responsible-Produktlinien fusst auf der Annahme, dass sich der Markt in Richtung Klimaneutralität bewegt. Nach den aktuellen Analysen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und anderer wissen­schaftlicher Institutionen genügen die gegenwärtigen nationalen Klimapläne, die im Rahmen des Pariser Abkommens eingereicht wurden (Nationally Determined Contributions oder NDCs), voraussichtlich nicht, um das «deutlich unter 2-Grad-Ziel» zu erreichen. Speziell in Schwellenländern wird die Dekarbonisierung aufgrund von tech­no­logischem Rückstand, geringerer finanzieller Mittel und teils mangelndem politischen Willen länger dauern. Die Schwellenländer verzeichnen weiterhin eine Zunahme der Treibhausgasemissionen, während die Industrieländer einen leichten Rückgang verzeichnen (siehe Grafik).

CO2e-Emissionen in Gt, Quelle: EDGAR

Was bedeutet diese Entwicklung für unsere Strategien?

Das Betreiben des Portfoliomanagements unter Einhaltung eines Absenkpfads er­fordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung und die Integration neuer Erkennt­nisse in den Anlageprozess. Rückblickend haben wir verschiedene Heraus­forderungen antizipiert, während wir andere Aspekte nicht vorwegnehmen konnten. Insbesondere haben wir den CO2e-Reduktionsbeitrag, welcher von den Märkten stammt, überschätzt. So muss heute die Erreichung von Portfolio-Klima­zielen zu weiten Teilen aus der Kapitalallokation innerhalb der Portfolios kommen, während die Märkte (Benchmarks) oft einen negativen Beitrag leisten. Zudem schreitet die Dekarbonisierung der Staaten relativ langsam voran.

Die Handhabung des Absenkungspfads via Kapitalallokation stösst bei Strategien mit einem engen Anlageuniversum inzwischen an ihre Grenzen. Ein Klimaziel ist in breit diversifizierten Universen mit viel Dispersion und mit Extremwerten einfacher zu erreichen als in einem engen Universum mit nur geringen Unterschieden bei den Emissionsdaten. In Universen mit wenigen Emittenten und niedriger Streuung der CO2e-Intensitäten ist der Spielraum deutlich begrenzter. Reine Sovereign Benchmarks zum Beispiel bestehen nur aus wenigen Emittenten. Man hat somit weniger Spiel­raum bei der Kapitalalloaktion, indem man Titel mit tiefer CO2e-Intesität über- und solche mit hoher Intensität untergewichtet.

Aus diesem Grund haben wir im Jahr 2023 den «Swisscanto (LU) Bond Fund Res­ponsible Global Rates» und «Swisscanto (CH) Bond Fund Responsible Global Rates» vom <2-Grad-Ziel auf einen relativen CO2e-Reduktionsansatz umgestellt. Das bedeutet, dass die CO2e-Intensität tiefer sein muss als diejenige des Benchmarks.

Ebenfalls gestützt auf diese Entwicklungen nehmen wir bei nachfolgenden Anlage­produkten Anpassungen vor:

Per Ende Mai passen wir den «Swisscanto (CH) Equity Fund Responsible Small & Mid Caps Switzerland (I)», «Swisscanto (CH) Equity Fund Responsible Small & Mid Caps Switzerland (II)» sowie die «Swisscanto AST Aktien Responsible Small & Mid Caps Schweiz» vom <2-Grad-Ziel auf einen relativen CO2e-Reduktionsansatz an. Mit einem stark defensiven Portfolio kann man derzeit das Klimaziel zwar noch erreichen. Mit einem zyklischen oder sehr zyklischen Portfolio ist die Zielvorgabe jedoch nicht mehr realistisch. Den Klimapfad weiterhin einzuhalten, führt in eine Situation, in welcher wir eine Faktor-Exposition im Portfolio halten müssten, welche nicht in Einklang mit dem Rendite-Risiko-Profil der Strategie steht.

Ebenfalls soll vom <2-Grad-Ziel auf einen relativen CO2e-Reduktionssansatz der «Swiss­canto (CH) Portfolio Fund Responsible Valca» adaptiert werden. Der Fokus auf Aktien aus den Sektoren Materials und Energy und der Fokus auf inflations­geschützte Anleihen in Schwellenländern führt dazu, dass der Absenkungs­pfad ohne einschneidende Kompromisse beim Rendite-Risiko-Profil nicht mehr einhaltbar ist.

Per Anfang Juli 2024 werden wir somit von insgesamt 140 aktiv verwalteten Anlage­produkten sieben Anlage­produkte führen, welche keinen Absenkpfad verfolgen. Ein Fonds hatte von Beginn weg keinen Absenk­pfad. Diese sieben Anlage­produkte machen 3,7% unserer Assets in den aktiven Anlage­produkten aus.

Kontinuierliches Wachstum der nachhaltigen Produkt­linien

Abgesehen von den erwähnten Adjustierungen hat sich die Situation sehr erfreulich entwickelt. Insgesamt können wir eine positive Bilanz ziehen. Aufgrund des Wachs­tums der Sustainable-Strategien wurden per Ende März 2024 20,9% der Assets der aktiv verwalteten Anlageprodukte gemäss dem ambitionierteren 1,5-Grad-Ziel verwaltet. Im Januar 2020 waren es erst 8,8%. Im Bereich der passiven Anlage­produkte in den traditionellen Anlage­klassen werden aktuell 34,2% der Assets gemäss dem Responsible-Ansatz für passive Anlage­produkte und somit mit einer CO2e-Reduktionsvorgabe besser als Benchmark verwaltet. Gegenüber dem Startjahr 2020 ist dies eine Zunahme von 25,6%.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen hält an. Vor diesem Hintergrund erachten wir es als zentral, transparent über die Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Strategien zu informieren und auf die Erfordernisse zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des Anlage­prozesses und letztlich des Produktportfolios hinzuweisen.

Quelle: Zürcher Kantonalbank, Stand der Daten: 29.5.2024

Wie berechnen wir die CO2e-Intensität?

Mit der CO2e-Intensität lassen sich die Treib­haus­gas­emissionen kleiner, mittlerer und grosser Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen vergleichen. Die CO2e-Emissionen (aus Scope 1 und 2) von Unternehmen werden dabei ins Verhältnis zum Umsatz und jene von Staaten ins Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt gesetzt. Als Mess- und Vergleichsgrösse dient sodann die Umwelt­verschmutzung pro Umsatz­einheit.

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Nachhaltigkeit