Schweiz lanciert den ersten «grünen Eidgenossen»

Die erste grüne Anleihe der Schweizer Eidgenossenschaft ging weg wie warme Weggli. Und es kommen noch mehr. Die Emissionserlöse dienen unter anderem der Entwicklung erneuerbarer Energien.

Text: Christopher Radler und Sandro Grimm

Die Schweizer Eidgenossenschaft begibt erstmals einen Green Bond. (Bild: iStock.com)

Die lang ersehnte Emission der ersten grünen Anleihe der Schweizer Eidgenossen­schaft ist heute emittiert worden. Insgesamt wurden CHF 766 Mio. mit einer Rendite von 1.47 % und einer Laufzeit von 16 Jahren (2038) und einem Coupon von 1.5 % platziert. Der «grüne Eidgenoss» bester Bonität war heiss begehrt: Die Gebote im Auktionsverfahren lagen bei CHF 974 Mio. – wovon knapp 80 % zugeteilt wurden. Das ist somit der höchste Betrag, den die Eidgenossenschaft in diesem Jahr am Markt aufgenommen hat. Mit der erstmaligen Emission zählt die Schweiz nun auch zu den Green Bond emittierenden Staaten.

Der Bund hat – basierend auf der Staatsrechnung 2021 – grüne Staatsausgaben im Umfang von rund CHF 4.5 Milliarden identifiziert. Ein Teil davon nun wird in Form von Green Bonds finanziert. Damit beabsichtigt die Schweizerische Eidgenossenschaft unter anderem den hiesigen Finanzplatz auf eine internationale Spitzenposition für nachhaltige Finanzanlagen zu hieven.

Für die Schweizer Eidgenossenschaft ist der Green Bond eine Premiere. Andere hiesige Institutionen haben diesen Weg bereits beschritten, darunter Banken wie die Zürcher Kantonalbank oder die UBS, die Kantonsspitäler Aarau und Winterthur, Firmen aus dem Versorgungssektor wie etwa BKW und Axpo sowie die Kantone Genf und Basel-Stadt. Der Anteil an Green Bonds im wichtigsten Schweizer Anleihenindex, dem SBI® ESG AAA-BBB, beträgt aktuell 2.8 %.

Ohne Zweitmeinung kein Kauf

Das Asset Management der Zürcher Kantonalbank verlangt im Rahmen des hauseigenen Anlageprozesses vor jeder Anlage in Green Bonds eine unabhängige Zweitmeinung und prüft den Verwendungszweck der aufgenommenen Gelder im Detail.

Im Fall des «grünen Eidgenossen» liegt eine Zweitmeinung der Nachhaltigkeitsagentur ISS ESG vor. Diese bewertet den Beitrag zu den folgenden sechs Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (siehe Tabelle, unten) mit «erheblich». Zudem bestätigt ISS ESG die Übereinstimmung des Frameworks mit den Standards des internationalen Branchenverbands International Capital Market Association (ICMA).

Der grüne Eidgenosse leistet einen Beitrag zur Erreichung der folgenden nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen:

Ziel (Nummer)

Beschreibung

7

Bezahlbare und saubere Energie

11

Nachhaltige Städte und Gemeinden

13

Massnahmen zum Klimaschutz

14

Leben unter Wasser

15

Leben an Land

17

Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Wofür wird das aufgenommene Geld eingesetzt?

In der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 erläutert der Bundesrat, welche Schwerpunkte er für nachhaltige Entwicklung in den nächsten zehn Jahren setzen will. Die insgesamt 17 SDGs bilden dabei den Referenzrahmen. Sie sollen einer sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Entwicklung Rechnung tragen.

Im Rahmenwerk für die Emission von grünen Anleihen beschreibt der Bundesrat die Verwendung der Emissionserlöse ausführlich. Dazu zählen etwa die Beschleunigung der Entwicklung erneuerbarer Energien zum Beispiel durch den Bau und den Betrieb der Übertragung und Verteilung von Strom aus erneuerbaren Energien oder die Verringerung der Abhängigkeit vom Verkehr mit fossilen Brennstoffen durch den Ausbau und die Verbesserung der Bahninfrastruktur.

Vorsicht vor «grün gewaschenen» Bonds

Green Bonds sind das bekannteste Instrument für nachhaltige Finanzierungen. Analog zu konventionellen Anleihen dienen sie der Fremdkapitalaufnahme. Das erhaltene Kapital muss explizit für die Finanzierung ökologisch nachhaltiger Projekte verwendet werden. Es wurden Richtlinien ausgearbeitet, um sicherzustellen, dass Green Bonds effektiv der Nachhaltigkeit dienlich sind. Es ist von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit grüner Anleihen, dass eine Zweckentfremdung der Investorengelder unbedingt vermieden wird.

Die Green Bond Principles der ICMA helfen, Greenwashing zu identifizieren und zu vermeiden. Green Bonds stehen vor allem dann in der Gunst der Anlegerinnen und Anleger, wenn die Mittelverwendung zusätzlich zu den ICMA-Richtlinien durch unabhängige Drittfirmen begutachtet wird.