Rohstoffmangel bedroht Energiewende
Kupfer und weitere Mineralien wie Nickel, Lithium oder Kobalt sind essentiell für die Elektrifizierung der Weltwirtschaft. Die aktuellen Kapazitäten sind aber nicht in der Lage, die künftige Nachfrage zu decken. Eine Gefahr für die Energiewende stellt auch China dar.
Autoren: Dominik Ladner, Dr. Dr. Gerhard Wagner
Kupfer ist ein zentraler Rohstoff der Energiewende. Seine hervorragende Leitfähigkeit macht es unverzichtbar für zahlreiche elektrische Anlagen. Laut Internationaler Energie Agentur (IEA) sind allein in einem Elektrofahrzeug rund 53 Kilogramm Kup-fer verbaut. Im Jahr 2022 wurden weltweit bereits zehn Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, ein Anstieg von 60% gegenüber Vorjahr. Die steigende Nachfrage steht jedoch im Kontrast zu einer prekären Versorgungssituation: Während ein Grossteil der Staaten das Netto-Null-Ziel anstrebt, wird die entscheidende Rolle von Kupfer für die Erreichung dieses Ziels immer deutlicher. Ein Durchschnitt von renommierten Expertenprognosen zeigt einen starken Anstieg der Kupfernachfrage bis 2030 auf über 32'550 Kilotonnen (kt), bzw. 32,5 Millionen Tonnen Kupfer. Das würde dann einem Defizit von 3'320 Kilotonnen für das Jahr 2030 gleichkommen (siehe Abbildung 1).
Gründe für die «Kupfer-Klemme»
- Bergbauunternehmen bekunden Mühe, die Nachfrage zu befriedigen, da in der Vergangenheit zu wenig in Exploration und Förderung investiert wurde.
- Die Industrie leidet unter sinkenden Erzgehalten (ca. 1%). Das erhöht die Förderkosten.
- Sollten vielversprechende Vorkommen entdeckt werden, befinden sie sich oft in politisch instabilen Regionen.
- Projekte benötigen durchschnittlich zehn bis 15 Jahre von der Entdeckung bis zur ersten Produktion.
Diese Kluft zwischen Nachfrage und Angebot, wie in Abbildung 1 dargestellt, verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, Bergbauinvestitionsstrategien zu fördern und Projektgenehmigungsprozesse zu beschleunigen.
Innovation, Kapazitätserhöhung und Recycling
Während einige Unternehmen dennoch neue Ressourcen erschliessen können, wie zum Beispiel die Kamoa-Kakula-Mine (DRC) von Ivanhoe Mines (5-6% Erzgehalt mit grossem Wachstum), bleiben solche Projekte rar. Als Reaktion darauf setzt die Branche zunehmend auf innovative Lösungen und die Erweiterung bestehender Bergbauoperationen. Unternehmen wie Rio Tinto erforschen Technologien wie das Auslaugen (Leaching), um Kupfer aus zuvor übersehenen sulfid-haltigen Lagerstätten mit niedrigem Grad zu gewinnen. Initiativen zur Automatisierung und Elektrifizierung (z.B. das schwedische Bergbauunternehmen Boliden) revolutionieren die Abläufe, senken die Arbeitskosten, verbessern die Sicherheit und helfen, die CO2e-Intensität in einem Portfolio zu reduzieren. Zusätzlich wird die Wiederverwertung immer wichtiger. In den vergangenen fünf Jahren wurden etwa 30% der Kupfernachfrage durch Recycling gedeckt. Dieser Kreislaufansatz, insbesondere in Bezug auf die Recyclingfähigkeit von Endprodukten wie Elektrofahrzeugbatterien und Solarpaneelen, mindert den Druck auf primäre Ressourcen.
Gleichwohl stellt der bevorstehende Kupfermangel eine kritische Herausforderung für den Übergang zu sauberer Energie dar. Es ist entscheidend, eine Balance zwischen sofortigen Versorgungsbedürfnissen, langfristigen Investitionen, technologischen Innovationen und Recyclingbemühungen zu finden. Kollaborative Anstrengungen von Entscheidungsträgern, Branchenführern und Investoren sind daher wichtig, um dieses Problem effektiv anzugehen. Die zentrale Rolle von Kupfer in der Energiewende unterstreicht somit die Notwendigkeit für strategische Planung und globale Zusammenarbeit, sodass ein nachhaltiger und ununterbrochener Übergang zu einer grüneren Zukunft gewährleistet werden kann.
Immense Wachstumsraten bei Lithium, Kobalt und Nickel
Neben Kupfer erfordert das zeitgerechte Erreichen der Energiewende weitere Rohstoffe, namentlich Lithium, Kobalt und Nickel. Die Nachfrage nach diesen Mineralien hat sich innerhalb von nur fünf Jahren drastisch vervielfacht und wird bis 2050 weiter stark zunehmen.
Angetrieben durch die steigende Nachfrage und die hohen Preise hat sich die Marktgrösse dieser kritischen Mineralien in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt und erreichte einen Wert von 320 Milliarden US-Dollar in 2022. Dies entspricht ungefähr dem Wert des global produzierten Eisenerzes im Jahr 2022. Infolgedessen rücken diese Mineralien nun in den Mittelpunkt der Bergbau- und Metallindustrie. Dies bringt neue Einnahmequellen für die Industrie, schafft Arbeitsplätze und trägt in einigen Fällen zur Diversifizierung der von Kohle abhängigen Volkswirtschaften bei.
Wo finden diese Metalle ihren Einsatz?
Die Verwendung der Materialien ist vielschichtig und wird in Zukunft zunehmend durch Energietechnologien (vgl. Abbildung 3) getrieben werden. So findet beispielsweise Nickel, zusammen mit Kupfer und Aluminium, einen breiten Einsatz in Elektrofahrzeugen, der Stromgenerierung und der Energieinfrastruktur. Lithium und Kobalt hingegen werden primär in Batterien verwendet.
Fundamentale Research-Kompetenz ist relevant bei diesen dynamischen Themen und Trends
In unseren aktiven, fundamentalen Aktienstrategien verfolgen wir die Entwicklungen in der Rohstoffindustrie mit besonderem Augenmerk und betrachten kritische Rohstoffe als essentiell für die Energiewende. Dennoch muss erwähnt sein, dass Rohstoff-Aktien zyklischen Schwankungen unterliegen, die wiederum von verschiedenen Faktoren wie Angebot und Nachfrage, geopolitischen Ereignissen und makroökonomischen Trends beeinflusst werden. Diese Zyklen können neben dem strukturellen Wachstum sowohl Chancen als auch Risiken für Investoren darstellen und werden von uns sorgfältig überwacht, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen. Wir erkennen derzeit attraktive Renditequellen bei relevanten Rohstoffen der Energiewende, dabei stehen bei uns Qualitätsmerkmale (u.a. stabile Erträge, starke Bilanz, hohe Margen, tiefe Verschuldung), attraktive Firmenbewertungen, starke Kapitalrenditen (ROIC) sowie ein solides ESG-Risiko-Profil im Fokus der Titelselektion. Demnach gehören derzeit Kupfer, Aluminium und Lithium zu unseren Favoriten.
Dennoch ist wichtig zu betonen, dass viele Unternehmen aufgrund ihrer kontroversen Aktivitäten aus unserem nachhaltigen Anlageuniversum ausgeschlossen werden. Gleichzeitig setzen wir durch unsere Investment-Stewardship-Bemühungen aber alles daran, diese Unternehmen genau unter die Lupe zu nehmen.
Fazit
Die Energiewende gelingt nur zeitgerecht, wenn das Angebot an Mineralien mit der Nachfrage Schritt halten kann. Eine möglichst nachhaltige Exploration der Vorkommen, technische Innovationen und Recycling sind von entscheidender Bedeutung, um die Rohstoffmärkte zu entlasten. Die starke Abhängigkeit von einzelnen Ländern wie China bei der Lieferung dieser Rohstoffe und bei vielen Lieferketten für saubere Technologien stellt ein weiteres Risiko für die Transformation dar.
Exkurs: Abhängigkeit von China bedroht Energiewende
Der Abbau von Rohstoffen findet zwar in diversen Ländern statt. Die Verarbeitung dieser Hauptmaterialien ist aber weiterhin stark von einem einzigen Land abhängig, nämlich China (vgl. Abbildung 4). China hat früh erkannt, dass die Themen Dekarbonisierung und Elektrifizierung zu den wichtigen Megatrends des 21. Jahrhunderts zählen. Folgerichtig verfolgt China eine Industriepolitik mit dem Ziel, den Weltmarkt bei Elektrofahrzeugen, Energiespeicherung, erneuerbare Energien und deren Wertschöpfungsketten, einschliesslich der kritischen Mineralien zu dominieren.
Die IEA warnt zudem, dass sich die geografische Konzentration in der Verarbeitung dieser Metalle weiter fortsetzen wird. Dies erhöht das Risiko für Engpässe und instabile Versorgungsketten, die kritische Sektoren der Energiewende beeinträchtigen können. Um diese Gefahr zu mindern und die Zufuhr kritischer Metalle sicherzustellen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Diversifizierung in der gesamten Lieferkette durch internationale Zusammenarbeit zu fördern.
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