Das sind Renditetreiber für CHF-Unternehmensanleihen
Welche Faktoren signalisieren künftige Renditen von Unternehmensanleihen? Samuel Manser hat vier Faktoren auf deren Wirkung und Umsetzbarkeit hin überprüft.
Interview mit Samuel Manser
Samuel Manser, Sie haben die Wirkung von Faktoren auf die Rendite von in Schweizer Franken gehandelten Unternehmensanleihen untersucht. Ihre Analyse (bezahlpflichtig) wurde kürzlich in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Financial Markets and Portfolio Management» publiziert. Weshalb haben Sie genau dieses Anleihen-Segment unter die Lupe genommen?
Der Markt für Schweizer Franken Unternehmensanleihen kombiniert ein breites Schuldneruniversum mit einer guten Datenlage. Trotzdem befassen sich Untersuchungen zu Renditefaktoren überwiegend mit Anleihen in US-Dollar. Den Schweizer Markt in den Fokus zu rücken und die bisherigen Erkenntnisse erstmals auf ihn zu applizieren und zu überprüfen war der Antrieb für die Untersuchung. Die gewonnenen Erkenntnisse machen zudem unsere Anlageprozesse noch effektiver.
«Carry», «Value», «Equity Momentum Spillover» und «Defensive» sind die vier von Ihnen analysierten Faktoren. Richten wir unseren Blick zuerst auf den Faktor «Carry».
Der Carry erklärt zu einem wesentlichen Teil, weshalb sich Returns von Anleihen unterscheiden. Im Grunde gilt: Je höher der Carry, desto höher die Returns aber auch das Risiko. Letzteres zeigt sich in einer hohen Volatilität, weshalb der Carry kein verlässliches Signal für höhere Returns ist. Historisch gesehen war im Segment der Inlandschuldner der Carry jedoch ein verlässlicheres Signal als im Auslandsegment. Ein Grund dafür ist, dass deutlich mehr Schuldner aus dem Auslandsegment aufgrund Kreditrating-Abstufungen in den High-Yield-Bereich fielen. Diese Schuldner erlitten trotz hohem Carry merkliche Preiskorrekturen.
Auf den Faktor «Carry» ist also kein Verlass. Wie sieht es mit dem Faktor «Value» aus?
Auch Value nutzt den Carry, stellt ihn aber dem fundamentalen Kreditrisiko gegenüber. Dieses kann zum Beispiel anhand des Kreditratings oder einer geschätzten Ausfallwahrscheinlichkeit beziffert werden. Ein günstig bewerteter Schuldner bietet beispielsweise innerhalb seiner Rating-Vergleichsgruppe oder gemessen an seiner Ausfallwahrscheinlichkeit einen hohen Carry. Ein hoher Carry relativ zum fundamentalen Kreditrisiko entspricht einer günstigen Bewertung und verspricht höhere Returns. Meine Analyse zeigt, dass auch für CHF-Anleihen ein stimmiges Bewertungsmerkmal ein verlässliches Signal für zukünftige Returns ist.
Die gewonnen Erkenntnisse aus den Untersuchungen zeigen, dass die Faktoren für die zukünftige Wertentwicklung auch für CHF-Unternehmensanleihen relevant sind.
Samuel Manser, Senior Portfolio Manager
Nun zu dem etwas sperrig formulierten Faktor «Equity Momentum Spillover». Was signalisiert dieser genau?
«Equity Momentum Spillover» setzt die Kursentwicklung von Aktien- und Anleihen ins Verhältnis. Anleihen von Unternehmen, deren Aktien in den vergangenen Monaten stark angestiegen sind, zeigen in den Folgemonaten höhere Returns als Anleihen von Unternehmen, deren Aktien stark gefallen sind. Das ist zwar ein vielversprechendes Signal für eine Überrendite, aber leider im Portfolio nicht umsetzbar.
Weshalb?
Der Spillover-Effekt verlangt einen hohen Portfolioumschlag, weil sich Aktiengewinner und -verlierer oft abwechseln. Besonders im CHF-Markt haben Anleihen hohe Transaktionskosten. Diese bestimmen mit, ob sich solche Muster auch profitabel umsetzen lassen. Dennoch kann der Faktor als Ergänzung zu anderen einen Mehrwert bieten und als Signal für sich verschlechternde beziehungsweise sich verbessernde Schuldner eingesetzt werden.
Wie steht es um den vierten Faktor «Defensive»?
Anlagen mit hoher Qualität erwirtschaften hohe risikoadjustierte Renditen. Dieser Effekt zeigt sich in verschiedenen Anlageklassen und Anleihenmärkten und soll durch den Faktor auch für CHF-Unternehmensanleihen genutzt werden. Tatsächlich spielt er auch hier eine Rolle, jedoch bieten defensive Anleihen aufgrund des geringeren Risikos keine höheren absoluten Renditen. Deshalb lohnt sich der Faktor erst in Kombination mit Carry oder Value.
Wie nutzen Sie die Faktoren in der Portfoliokonstruktion?
Die gewonnen Erkenntnisse aus den Untersuchungen zeigen, dass die Faktoren für die zukünftige Wertentwicklung auch für CHF-Unternehmensanleihen relevant sind. Sie verweisen auch auf die Grenzen in der Umsetzbarkeit. Wir nutzen die Erkenntnisse gezielt auf drei Arten: Erstens erlauben sie uns ein breites und aktuelles Screening des Universums. Das unterstützt uns in der fundamentalen Schuldnereinschätzung. Zweitens dienen sie der Schuldnerüberwachung. Drittens fungieren Faktorveränderungen als Frühwarnsystem. Dazu gehören beispielsweise Veränderungen des Carry, des Values oder des Aktienkurses (Equity Momentum Spillover).