Erodiert jetzt die US-Dominanz?

Der US-Aktienmarkt notiert nach dem Taucher im August bereits wieder auf Rekord­niveaus. Allerdings eröffnen sich mittlerweile attraktive Anlage­felder ausserhalb der USA – namentlich in der Schweiz und in Japan.

Text: Stefano Zoffoli

Hält die Outperformance der USA an den Börsen an, angetrieben durch die sensationellen Gewinne der grossen IT-Firmen? (Bild: istockphoto.com).

In den 1980er-Jahren zählte Japan mit einem Anteil von über 40% zu den Schwer­gewichten im Aktien­welt­index. Dank des starken Wirtschafts­wachstums hat Europa in den Nuller­jahren zwar an Bedeutung gewonnen. Heute stellt sich die Situation jedoch völlig anders dar, und es führt kein Weg mehr an den USA vorbei: Mit über 70% Gewicht sind und bleiben die Vereinigten Staaten absolut dominant.

Auch im Herbst bleibt der Blick auf Amerika gerichtet. Am 18. September dürfte die US-Notenbank Fed ihren Zinssenkungszyklus einleiten, und am 5. November finden die amerikanischen Präsidentschaftswahlen statt, deren Ausgang derzeit wieder völlig offen ist.

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Dr. Anja Hochberg kommentiert die taktische Asset Allocation für den Monat September.

Schweiz vor den USA

Hält die Outperformance der USA an den Börsen an, angetrieben durch die sensationellen Gewinne der grossen IT-Firmen? Wir sind skeptisch und verschieben uns mehr in andere Regionen.

Bei den Aktien favorisieren wir die Schweiz, Grossbritannien und die Schwellen­länder. In der Eurozone bleibt das Gewinnwachstum aber zu verhalten, weshalb wir dort untergewichtet bleiben. Deutlich besser sehen die Gewinn­revisionen in Japan aus, weshalb wir dort nun zukaufen. An unserer neutralen Aktien­quote halten wir vorläufig fest. Auf der einen Seite ist das Momentum intakt, und die Geldpolitik wirkt weiter unterstützend. Auf der anderen Seite sind die Bewertungen nach wie vor sehr hoch, und die Konjunktur dürfte sich weiter abschwächen.

Schwächephase droht

Unsere Sentiment-Indikatoren notieren zudem mehr­heitlich im neutralen Bereich. Diese verfolgen wir sehr genau, da ab Mitte September saisonal die zwei schwächsten Aktien­wochen des Jahres anstehen und üblicherweise nach einer 10%-Korrektur eine zweite Verkaufswelle folgt. Eine gewisse Absicherung gegen ein solches Szenario bieten unser Übergewicht im japanischen Yen und im Gold sowie unsere starke Übergewichtung in globalen Staatsanleihen zulasten von Unter­nehmens­anleihen.

Wie schätzen wir die Finanzmärkte aktuell ein, und wie sind wir positioniert?

Positive Gewinnrevisionen in Japan

  • Der japanische Aktienmarkt hat sich von der heftigen Korrektur von minus 25% erholt, die Höchststände bleiben aber im Gegensatz zu anderen Regionen weiterhin rund 10% entfernt.
  • Die Gewinnrevisionen sind stark positiv und die relative Bewertung (KGV 15 vs. 19 Welt) ist nun im historischen Kontext sehr günstig. Fundamental sind japanische Aktien attraktiv.
  • Das Hauptrisiko bleiben zusätzliche Zinserhöhungen der Bank of Japan und somit eine weitere Auflösung von Carry-Trades, der Yen bietet dabei aber einen gewissen Schutz.

Lange Duration in der Eurozone

  • Die Renditen in Basispunkten (Bp) sind in den USA seit Mai deutlich stärker gesunken als die der Eurozone (-90Bp vs. -40Bp). Die europäische Konjunktur steht aber nicht besser da, und die Staatsverschuldungsproblematik ist in den USA noch ausgeprägter.
  • Für September sind sowohl bei der Fed als auch bei der SNB mehr Zinssenkungen als bei der EZB eingepreist. Kurzfristig haben deshalb US-Treasuries gegenüber deutschen Bundesanleihen wohl etwas überschossen.
  • Wir reduzieren US-Treasuries und kaufen im Gegenzug Euro-Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen zehn und 15 Jahren. Hier ist die Zinskurve aktuell noch am steilsten.

USD bereit für Rebound

  • Der USD hat sich über den Sommer stark abgewertet (-5% seit Ende Juni) und notiert nun gegenüber dem Euro auf dem niedrigsten Stand seit Sommer 2023 (USD/EUR bei 0,89).
  • Mit einem Realtive Strenght Index (RSI) von 30 ist er nun überverkauft, und die Zinssenkungen der Fed um 1% bis Ende Jahr halten wir für übertrieben. Zudem weist der US-Dollar eine sehr starke Saisonalität im September auf.
  • Obwohl wir mittelfristig einen schwächeren US-Dollar erwarten – dies aufgrund von Verschuldung, Bewertung und De-Dollarisierung – wechseln wir taktisch von einem Unter- zu einem Übergewicht und reduzieren im Gegenzug den zu stark gelaufenen Euro.

Asset Allocation Spezial­mandate im September 2024

Relative Gewichtung gegenüber der Strategischen Asset Allocation (SAA) in % im August und September 2024 (Quelle: Zürcher Kantonalbank, Asset Management)