Die bisherigen Gewinner straucheln an den hohen Hürden
Nicht nur bei den olympischen Sommerspielen in Paris geht es sportlich zu – auch an den Börsen ist vieles in Bewegung. Darauf gilt es zu reagieren. Gold hingegen glänzt auch in den höchsten Sphären.
Text: Stefano Zoffoli
Die Finanzmärkte trotzen aktuell dem sonst üblichen Sommerloch. Mit dem versuchten Attentat auf Donald Trump, dem Ausscheiden von Joe Biden aus dem Rennen um die US-Präsidentschaft, der massiven Sektor-Rotation, den heftigen Verlusten bei den bisherigen Gewinnern des laufenden Jahres wie Technologie oder im japanischen Nikkei gab es genügend Gesprächsstoff für all jene Investoren, welche nicht in die Ferien gefahren sind.
Revival der überrundeten Defensiven
Doch nicht nur dies sorgte für Bewegung an den Börsen. Wegen den mit 3% tieferen Inflationszahlen in den USA sowie der plötzlichen Schwäche am US-Arbeitsmarkt (4,3% Arbeitslosigkeit) hat der Markt zum einen wieder mehr zukünftige Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank Fed eingepreist. Zum anderen lasten aber auch konjunkturelle Ängste auf zyklische Firmen. Deshalb ist seit der Publikation der Inflationszahlen am 11. Juli zum Beispiel beim defensiven Konsum ein Plus von 3% zu verzeichnen. Dies, während die grössten amerikanischen IT-Titel Federn lassen mussten und im Schnitt 10% an Wert einbüssten. Immerhin, in der Folge hat sich die Markbreite verbessert, was als positives Signal zu deuten ist.
Die «Bullen» schwanken
Negativ zu werten ist weiterhin, dass die Bewertungen an den globalen Aktienmärkten mit einem vorausschauende Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 19 bei noch dazu sportlichen Gewinnerwartungen nahe an den Rekordwerten der Post-Corona Zeit notieren. Zudem ist die Positionierung der Investoren in Aktien trotz der Rücknahmen in den letzten Tagen immer noch hoch. In Umfragen dominierte bis vor kurzem das Lager der «Bullen», mittlerweile sind sie ins Schwanken gekommen.
Unter dem Strich haben wir deshalb mit Blick auf die saisonal schwierigen Monate August und September unsere Aktienquote reduziert und beenden damit unser Übergewicht. Regional favorisieren wir weiterhin die Märkte Schweiz, Grossbritannien und die Schwellenländer gegenüber der Eurozone und den USA. Bei den Obligationen nehmen wir hingegen keine Veränderung vor; wir bleiben stark übergewichtet in globalen Staatsanleihen gegenüber den sehr teuren Franken- und Unternehmensanleihen.
- Es zeichnet sich eine Zuspitzung in der Sektor-Rotation ab. Allerdings bekunden mögliche Gewinner unter den europäischen Aktienwerten deutliche Umsatzprobleme in China.
- Wir bevorzugen darum US-Firmen im Schatten der «Big Tech»-Titel. Denn diese weisen eine bessere Gewinndynamik aus und sind mit einem KGV von 17 nicht so teuer wie die grossen amerikanischen IT-Firmen (KGV 30). Um diese Positionierung zu erreichen, setzen wir anstelle der klassischen Gewichtung nach Kapitalisierung den gleichgewichteten US-Index ein.
- Die Diskrepanz zwischen dem gleichgewichteten und dem marktkapitalisierten Index ist historisch extrem stark ausgeprägt. Dies sowohl in Bezug auf die Kursgewinne als auch auf die Bewertung. Allerdings dürfte sich die Schere in der zweiten Jahreshälfte teilweise schliessen.
- Im Gegenzug verkaufen wir Aktien von Energiefirmen und Titel aus der Eurozone. Dies, weil erstere unter dem schwachen Erdölpreis leiden. Auf den Werten aus der Eurozone lastet hingegen die schwache Konjunktur in China und dort drohende Handelszölle.
- Seit der 20-prozentigen Hausse auf 2'400 USD pro Unze vom vergangenen März und April bewegt sich der Goldpreis seitwärts. Obwohl der Ausbruchsversuch bis auf 2'470 USD Mitte Juli vorerst gescheitert ist, rechnen wir mit einem nachhaltigen Trend nach oben.
- Nachdem beim gelben Metall schon länger die Zentralbanken als Preistreiber gelten, nehmen nun auch die Positionen von börsengehandelten Indexfonds (ETF) zu; es scheint, als würden Privatinvestoren auf den Zug aufspringen.
- Wir erwarten tiefere Realzinsen in den USA (verglichen zu den aktuell hohen 2%), während Sorgen um die Staatsverschuldung und Geopolitik weiter dominieren dürften.
- Wir kaufen beim Gold zu und begeben uns wieder in ein Übergewicht.
- Die kotierten Immobilienfonds in der Schweiz haben sich vom Zinsschock erholt; seit dem Tief vom Oktober 2022 haben sie im Schnitt 25% an Wert gewonnen. Die Bewertung ist nun mit einem Agio von rund 20 Prozent ebenfalls wieder im historischen Durchschnitt angelangt.
- Die diversen Kapitalerhöhungen konnten erstaunlich gut absorbiert werden, und Kapital ist auch zurück in den Markt geflossen. Die aktuell sehr tiefen Zinsen in der Schweiz haben dabei sicherlich geholfen.