Pariser Klimaabkommen – schaffen wir das?

Soll das 1,5-Grad-Klimaziel gemäss Pariser Klimaabkommen erreicht werden, darf die Weltwirtschaft von 2019 bis 2050 maximal 465 Gigatonnen Treibhausgase ausstossen. Doch bereits Ende 2023 wurde mehr als die Hälfte dieses Budgets aufgebraucht. Umso wichtiger sind jetzt griffige Absenkungsmassnahmen – und die dazu nötigen Investitionen.

Fabio Pellizzari

Der Umstieg auf alternative Energiequellen und emissionsarme Technologien erfordert enorme Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in die Infrastruktur. (Bild: gettyimages.com).

Wenn vom 1,5-Grad-Klimaziel bis ins Jahr 2050 die Rede ist, dann sind dessen Hintergründe und die direkte Verknüpfung mit dem weltweiten Treibhausgas-Ausstoss oftmals wenig bekannt. Der Zielwert stützt sich auf die Prognose des Weltklimarats der Vereinten Nationen, wonach die globale Durchschnitts­temperatur mit einer 50-prozentigen Wahrschein­lichkeit maximal um 1,5 Grad Celsius steigen wird, wenn sich die Treibhausgas-Emissionen (gemessen in CO2-Äquivalenten, CO2e) ab dem Jahr 2019 bis 2050 insgesamt auf weniger als 465 Gigatonnen CO2e beschränken.

Was zunächst nach einer kaum je zu erreichenden Zahl aussieht, rückt in Wirklichkeit viel schneller näher, als der Menschheit lieb sein kann. Genau genommen befindet sie sich bereits auf bestem Weg, an der anvisierten Marke zu scheitern. Um das genannte Budget einzuhalten, braucht es hohe Anstrengungen – und auch grosse Investitionen in die Nachhaltigkeit.

Ein Blick auf die Entwicklung der CO2e-Emissionen seit der Verabschiedung des Pariser Klima­abkommens im Jahr 2015 zeigt, dass diese seither kontinuierlich zugenommen haben. Eine einzige Ausnahme bildete das Jahr 2020 im Zusammen­hang mit dem COVID-Lockdown. Ansonsten reihten sich Höchstwert an Höchstwert. Mit einem Ausstoss von 52,9 Gigatonnen CO2e im Jahr 2023 wurde im vergangenen Jahr wiederum eine neue Rekordmarke erreicht. Von den bis 2050 budgetierten Gesamt­emissionen hat die Weltgemeinschaft somit bereits mehr als die Hälfte respektive 259 Gigatonnen CO2e aufgebraucht. Soll das angestrebte Ziel dennoch erreicht werden, dürften mittlerweile nur noch 44 Prozent der prognostizierten Gesamt­emissionen anfallen – und dies über die kommenden 25 Jahre.

Selbst wenn man die Messlatte tiefer legt und der Temperaturanstieg mit einer 66-prozentigen Wahrschein­lichkeit nur noch auf deutlich unter 2 Grad Celsius begrenzt werden sollte, steht der Menschheit laut der oben genannten Prognose des Weltklimarats höchsten ein Treibhausgasbudget von 1’090 Gigatonnen zur Verfügung. Auch davon hat sie bereits gut einen Viertel aufgebraucht. Als wesentliche Treiber für die stetige Zunahme der CO2e-Emissionen sind dabei das kontinuierliche Bevölkerungs­wachstum bei einem gleichzeitig steigenden Wohlstand zu nennen. Diese langfristigen Trends lösen einen zusätzlichen Produktions­bedarf aus, der auf ein gleichbleibendes CO2e-Budget trifft.

Kurzfristige Investitionskosten für langfristigen Nutzen

Auf der anderen Seite ist ein breiter Mix an Massnahmen notwendig, um die CO2e-Emissionen zu reduzieren. Zu denken ist an einen nachhaltigeren Konsum, Energie­einsparmassnahmen, sauberere Energieproduktion oder den Schutz sowie den Erhalt natürlicher CO2e-Speicher. Vorangetrieben werden diese Massnahmen durch die Implementierung von energieeffizienten Technologien in Industrie, Verkehr und Gebäuden. Gleichzeitig braucht es auch die Förderungen für erneu­erbare Energien sowie den Schutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen wie Wälder und Ozeanen. Letztere sind natürliche Kohlenstoffsenker. Darüber hinaus spielt die Entwicklung und Implementierung von Techniken zur Dekarbonisierung, beispielsweise CO2e-Abscheidung und -speicherung (CCUS), eine Rolle beim Aufbau zusätzlicher CO2e-Speicher.

Der Umstieg auf alternative Energiequellen und emissionsarme Technologien erfordert enorme Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in die Infra­struktur. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels ab 2024 jährlich 4,5 Billionen US-Dollar in erneuerbare Energien investiert werden müssen. Das ist mehr als das Doppelte der rund 1,8 Billionen US-Dollar, die 2023 dafür ausgegeben wurden. Demgegenüber stehen laut dem Internationalen Währungsfonds Subventionen in der Höhe von 7 Billionen US-Dollar (7,1% des globalen BIP) für fossile Energien im Jahr 2022.

Kurzfristigen Investitionskosten steht zwar ein langfristiger Nutzen gegenüber. Doch ist dieser Sachverhalt politisch nicht immer leicht zu vermitteln. Zudem ist die internationale Zusammenarbeit komplex und langwierig. Kein Land möchte sich durch Verpflichtungen internationale Nachteile einhandeln.

Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens bleibt somit eine enorme Herausforderung. Die Marke ist aber durchaus noch in Reichweite. Dazu sind allerdings drastische Massnahmen erforderlich. Es braucht eine beispiellose Koor­dination der Zusammen­arbeit und Anstrengungen auf individueller, unter­nehmerischer, staatlicher und internationaler Ebene.

Chancen für Anlegerinnen und Anleger – aber auch Transitionsrisiken

Die Verpflichtungen der Staaten aus dem Pariser Klima­abkommen haben bedeu­tende Auswirkungen auf die Investitions­landschaft. Sie schaffen einerseits Chancen für Anlegerinnen und Anleger, die Gelder in Unternehmen zu investieren, die sich auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz und kohlen­stoffarme Tech­nologien fokussieren. Andererseits bergen sie auch Transitions­risiken. Dazu zählen vor allem sogenannte Stranded Assets. Dies sind Vermögenswerte, die aufgrund techno­logischer, ökonomischer, regulatorischer oder ökologischer Verän­derungen vorzeitig an Wert verlieren oder nicht mehr rentabel sind. In der Diskussion um den Klima­wandel und den Übergang zu einer kohlen­stoffarmen Wirtschaft geraten etwa die Kohle-, Öl- und Gasindustrie zunehmend in Bedrängnis. So hat zum Beispiel der S&P 500 Energy trotz Subventionen in den letzten zehn Jahren jährlich 9,53% weniger Rendite abgeworfen als der S&P 500 ex Energy (Total Return per 02.10.2024).

Mit Investment Stewardship und Kapitalallokation stehen dem Asset Management der Zürcher Kantonalbank zwei Instrumente zur Verfügung, mit denen klima­bezogene Aspekte in einem Portfolio berücksichtigt werden können. Über den Dialog mit der Unternehmens­führung und mittels Stimmrechts­ausübung können Unternehmen dazu aufgefordert werden, wirksame CO2e-Reduktionsziele zu formulieren und umzusetzen. Andererseits können in den Portfolios Anlagen in Unternehmen und Staaten mit hohen Treibhaus­gasemissionen ohne eigene Absenkpläne untergewichtet oder durch Anlagen in CO2e-effiziente Unternehmen und Staaten mit ambitionierten Reduktionszielen ersetzt werden.

Um die Kunden­vermögen im Hinblick auf das Rendite-Risiko-Profil optimal zu bewirtschaften, spielen die Chancen und Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergeben, in den Anlage­entscheidungen im Asset Management der Zürcher Kantonalbank eine wichtige Rolle.

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Nachhaltigkeit