Höher für länger?
Die Zinsen dürften länger höher bleiben als bislang angenommen – dieses Bild vermittelten Zentralbanken nach den jüngsten Zinsrunden. Vor diesem Hintergrund verbleiben wir mehrheitlich defensiv bei Aktien und sehen Chancen unter anderem im Bondsektor.
Die schwache Saisonalität im September hat sich erneut bestätigt, die Aktienmärkte liessen weiter Federn. Nach dem Höchststand im Juli beträgt die Jahresperformance nunmehr rund 10 % (MSCI World, gerechnet in CHF). Negativtreiber sind allerdings nicht Wachstumssorgen, sondern weiter steigende Obligationenrenditen aufgrund des Narrativs «higher for longer», welches die Zentralbanken momentan vermitteln. Demnach dürften etwaige Zinssenkungen im kommenden Jahr deutlich geringer ausfallen als bisher avisiert.
Zusätzliche Sorge bereitet den Bondinvestoren der starke Anstieg des Ölpreises auf zwischenzeitlich bis zu USD 95 pro Fass, was die Inflation wieder anfacht. Der deutlich positive Fiskalimpuls der USA (8,5 % Primärdefizit), welcher ähnlich hoch wie während der Finanzkrise im 2008 ist, wird nun aber drehen und so den Aufwärtsdruck bei den Renditen lindern.
Weiterhin in der Defensive
Die Aussicht auf länger hoch bleibende Zinsen erhöht das Risiko einer Rezession. Das belastet Aktien. In diesem schwierigen Umfeld positionieren wir uns weiterhin defensiv und bevorzugen Geldmarktanleihen, Staatsanleihen, Katastrophenanleihen und kotierte Schweizer Immobilienfonds gegenüber Aktien und Unternehmensanleihen. Bei den Währungen favorisieren wir zwar weiterhin den US-Dollar gegenüber dem Schweizer Franken, nehmen nun aber einen Teil des Gewinns (+5 % seit Anfang August) mit.
Wie schätzen wir die Finanzmärkte aktuell ein und wie sind wir positioniert?
- Fundamental ist die Prognose für Gold klar: Ein stärkerer USD, steigende Realrenditen (> 2 %) und tiefe Volatilität (VIX < 20) sollten zu deutlich tieferen Goldnotierungen führen.
- Der Goldpreis hält sich aber hartnäckig und bewegt sich in etwa seitwärts. Andere Kräfte scheinen aktuell zu dominieren (z.B. Zentralbankenkäufe).
- Wir schliessen deshalb unser Untergewicht.
- Im Vereinigten Königreich sind die Renditen über die vergangenen drei Monate relativ zur restlichen Welt (USA +83bp, Kanada +72bp, Deutschland +50bp, Australien +45bp) unverändert geblieben.
- Das britische Pfund ist nun aber anfällig: die Konjunktur ist schwach, die Inflation rückläufig, die Bank of England am Ende des Zinszyklus angelangt und die spekulativen Long-Positionen sind sehr hoch.
- Wir nehmen deshalb die Gewinne bei den Gilts mit und wechseln in australische Staatsanleihen. Diese haben eine ähnliche Verfallsrendite (4,4 %), mit dem australischen Dollar aber eine attraktivere und günstigere Währung.
- Die US-Obligationenrenditen sind nach oben ausgebrochen (> 4,5 %). Ein hohes Angebot in Kombination mit Verkaufsdruck aus Japan und den BRICS-Staaten sowie ein hoher Ölpreis sorgen kurzfristig für Unsicherheit.
- Mittelfristig sehen wir weiterhin tiefere Renditen und bleiben deshalb long Duration in den USA, kurzfristig reduzieren wir aber die Position leicht und verringern damit auch unser starkes US-Dollar Übergewicht.
- Auf der Aktienseite kaufen wir aufgrund der relativ ausgeprägten Korrektur bei den hoch profitablen Megacaps leicht dazu – welcome back in our portfolio, Nasdaq!