Herannahendes Gewitter statt anhaltenden Sonnenscheins
Das Sentiment an den Finanzmärkten zeigt innert Monatsfrist wenig Veränderung. Nach wie vor ist die Stimmung zu euphorisch, die Marktbreite hat jüngst zugenommen. Die Vorzeichen sprechen eher für ein herannahendes Gewitter denn für anhaltenden Sonnenschein.
Auf Firmenebene mehren sich die Zeichen einer anstehenden konjunkturellen Verlangsamung. Insbesondere Sektoren am Anfang des Produktionsablaufs wie Chemie, Bau, Halbleiter sowie in Teilen der Industrie melden abnehmende Auftragseingänge.
Anders ist es um Unternehmen nahe am Konsumenten bestellt: Die Nachfrage nach Konsumgütern und -dienstleistungen entwickelt sich weiterhin dynamisch. Der markante Anstieg der Finanzierungskosten der vergangenen 15 Monate – in den USA kletterten die 30-jährigen Hypothekarzinsen beispielsweise von drei auf sieben Prozent – kann offensichtlich länger als erwartet mit guten Arbeitsmarktbedingungen und Fiskalstützen kompensiert werden. Die aktuell stark gesunkene Inflation hellt die Stimmung ebenfalls auf.
Gleichwohl glauben wir nicht an ein Soft-Landing. Die geldpolitischen Entscheide brauchen nach all den überlagerten Stimuli aus Covid, Klimapakete und Energiekrise schlicht länger als gedacht, um ihre Wirkung zu entfalten.
Die jüngsten Zinserhöhungen der amerikanischen und europäischen Notenbanken dürften angesichts der historisch hohen Niveaus ihre bremsende Wirkung nicht verpassen.
Wie schätzen wir die Finanzmärkte aktuell ein und wie sind wir positioniert?
- Bewertung, Konjunktur, Finanzkonditionen: Negativ. Nebst der abflauenden Konjunktur mahnen auch die historisch hohen Aktienbewertungen (umso mehr bei hohen Gewinnmargen) und die straffere Geldvergabepolitik zur Vorsicht.
- Stimmung: Neutral. Während sich institutionelle Anleger lange zurückgehalten hatten, haben sie in den letzten Wochen dem Drang der Kleininvestoren nachgegeben und Aktien dazugekauft.
- Momentum: Positiv. Die Marktbreite hat aktuell zugenommen, nachdem vor allem die amerikanischen IT-Giganten die Börsenindizes angehoben hatten.
- Fiskalpakete: Wir stellen bei unseren Firmentreffen vermehrt fest, dass die Staatsintervention zugunsten des Klimas inzwischen bei den Firmen angekommen sind. Diese werden auch einer wirtschaftlichen Abschwächung resistent entgegentreten.
- Rentabilität: Hinsichtlich der Profitabilität der Firmen herrschen jedoch enorme Unterschiede. Ganze Sektoren wie beispielsweise Solar und Wind leiden unter politischen Interventionen und Überkapazitäten. Unser Fokus liegt aktuell auf der Elektrifizierung (besonders in den USA) sowie der Energieeffizienz von Gebäuden.
- Selektion: Die Mehrzahl der Firmen, welche wir in diesem Bereich identifizieren, sind mittelgross und im Vergleich zum Gesamtmarkt bei höherer Qualität etwas teurer (im Hinblick auf Eigenkapitalrendite und Verschuldung).
- Die generell geringere Inflation in der Schweiz wird den Schweizer Franken strukturell weiter stärken. Kurzfristig jedoch steht nach der jüngsten Aufwertung eine Gegenbewegung an. Ausgelöst wird diese durch die zunehmend attraktiveren Realzinsen in EUR aber vor allem in USD. Ferner könnten die währungsbedingten Gewinnverluste vieler Schweizer Firmen die Kapitalflüsse in den CHF verringern.
- Umgekehrt haben die tiefe Inflationszahlen in den USA (3 %) den US-Dollar übermässig belastet (minus vier Prozent in einer Woche auf 0,86 Schweizer Franken). Die nächsten Monate werden aber keine ähnlichen Preisrückgänge mit sich bringen und die Notenbank wird ebenfalls neue Wirtschaftsdaten über den Sommer abwarten, bevor sie ihren geldpolitischen Kurs wieder lockern könnte. Wir heben darum den US-Dollar auf Übergewichten.