Schweizer Pensionskassen: Stärker, grösser und mit Renditepotenzial
Die Pensionskassenlandschaft zeigt drei auffällige Trends: Zum einen hat sich der finanzielle Zustand der Institute markant gebessert. Zum anderen verdrängen grosse Pensionskassen verstärkt kleinere. Und: Die Rendite-Kluft zwischen den Kassen ist beträchtlich.
Text: Iwan Deplazes , Heini Dändliker
Gute Renditen machen Schweizer Pensionskassen fitter
Den guten Renditen an den Kapitalmärkten sei gedankt. Sie bestätigen die Bedeutung einer erfolgreichen Vermögensbewirtschaftung im Vorsorgesystem, ermöglichen den Pensionskassen Reserven aufzubauen und wirken positiv auf den Deckungsgrad. Der durchschnittliche Deckungsgrad der Pensionskassen kletterte 2020 gar auf Rekordhöhe, wie die Schweizer Pensionskassenstudie der Swisscanto Vorsorge AG zeigt. Erstmals seit Studienstart wurde bei privatrechtlich organisierten Kassen die Schwelle von 115 Prozent geknackt. Damit besteht ein Sicherheitspolster, um ein durchschnittliches Aktienportfolio und weitere Kursrisiken abzusichern.
Deutlich grössere Wertschwankungsreserven
Auch die Wertschwankungsreserven haben enorm zugelegt. 69 Prozent aller Pensionskassen äufneten ihre Ziel-Wertschwankungsreserven auf mindestens 75 Prozent. Zum Vergleich: 2018 lag der Wert noch bei 27, 2019 bei 63 Prozent. Die höchste Wertschwankungsreserve zeigen Pensionskassen privater Arbeitgeber (PA) mit 78 Prozent des Zielwertes, gegenüber 72 Prozent im Vorjahr. Bei Pensionskassen öffentlicher Arbeitgeber (OA) liegt der Wert bei 40 Prozent, nach 29 und 6 Prozent 2019 beziehungsweise 2018. Mit der stark verbesserten finanziellen Basis stehen Aktivversicherten mehr freie Mittel zur Verfügung. Eine begrüssenswerte Richtung angesichts der Umverteilungen in den vergangenen Jahren.
Grosse Rendite-Kluft bei Pensionskassen
Die Erwirtschaftung guter Renditen vermögen das Leistungsniveau der Pensionskassen zu halten und die Subventionierung der Rentner durch die jüngeren Generationen zu reduzieren. Allerdings bestehen zwischen den Pensionskassen grosse Renditedifferenzen, wie die Pensionskassenstudie weiter darlegt. Die Kluft reichte 2020 von –6,5 Prozent bei der schlechtesten bis +12,3 Prozent bei der besten Kasse. Die Streuung war auch in den Vorjahren ähnlich. Im Schnitt der letzten fünf Jahre liegt die Renditedifferenz zwischen den Top 10 Prozent und den Low 10 Prozent pro Jahr bei fast 3 Prozentpunkten oder kumuliert bei ca. 15 Prozentpunkten. Die Studie stellt zudem fest, dass die Renditedifferenzen nicht durch eine strukturell geringere Risikofähigkeit entstehen.
Vergleich von Pensionskassen mit höchster vs. mit tiefster Performance
Je grösser die Pensionskasse, desto grösser der ESG-Anteil
Es besteht ein Konnex zwischen der Grösse der Bilanzsumme einer Pensionskasse und Anlagen, die Nachhaltigkeitsstrategien in Form von ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) anwenden. Demnach steigt der relative ESG-Anteil mit der Bilanzsumme der Pensionskassen. Zum Vergleich: Pensionskassen mit weniger als 50 Millionen Franken Bilanzsumme zeigen einen ESG-Anteil von 14,8 Prozent, bei Pensionskassen mit einer Bilanzsumme über 5 Milliarden Franken liegt er bei 56,2 Prozent.
Anlagen nach ESG-Kriterien relativ zu Kassengrössen
Kassengrösse (Bilanzvermögen, CHF) | Anlagen nach ESG Kriterien |
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<50 Mio. | 14,80% |
50-100 Mio. | 22,50% |
100-500 Mio. | 27,50% |
500-1'000 Mio. | 29,10% |
1'000-5'000 Mio. | 39,60% |
>5'000 Mio. | 56,20%
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Quelle: Schweizer Pensionskassenstudie 2021, Swisscanto Vorsorge AG
Grosse Pensionskassen scheinen im Thema Nachhaltigkeit die notwendigen Entwicklungen frühzeitiger erkannt zu haben und sind wohl deshalb besser positioniert im Hinblick auf zu erwartende regulatorische Veränderungen zur nachhaltigen Anlagebewirtschaftung.
Pensionskassensterben geht weiter
Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist eindeutig: Grosse Vorsorgeeinrichtungen (VE) graben den kleinen zunehmend das Wasser ab. Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) verwalten gemäss Pensionskassenstatistik des Bundes (2019) mittlerweile fast 50 Prozent der gesamten Bilanzsumme aller Schweizer Vorsorgeeinrichtungen von über 1'000 Milliarden Franken.
Insgesamt hat sich die Anzahl der Vorsorgeeinrichtungen seit 2000 von 3'416 auf 1'491 reduziert. Der Schwund fand primär bei Instituten mit Bilanzsummen von unter 100 Millionen Franken statt.
Der Reformstau in der Beruflichen Vorsorge kombiniert mit der demografischen Entwicklung, den stetig steigenden Anforderungen an Kapitalmarktwissen sowie die zunehmende Regulierung erschweren kleineren Vorsorgeeinrichtungen das Geschäft – ein Trend, der auch künftig anhalten dürfte.