Immobilienfonds: Renditedifferenzen erhöhen Alpha-Chancen
Die Renditedifferenzen der kotierten Schweizer Immobilienfonds waren im Jahr 2023 aussergewöhnlich hoch. Das führt aktive Fondsmanager in eine gute Ausgangslage, für Anlegerinnen und Anleger eine Überrendite zu erzielen.
Flurin Joller
Die Zinswende in der Schweiz war folgenreich für die hiesigen kotierten Immobilienfonds. Während der SXI Real Estate® Funds Broad Index («SWIIT Index») im abgelaufenen Jahr um gut 5 Prozent zulegen konnte, bewegte sich die relative Performance der einzelnen Fonds zum Index zwischen 11 und -30 Prozent. Diese Spannweite von rund 41 Prozent liegt deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen 16 Jahre. Dieser beträgt 24 Prozent und wurde nur im Pandemiejahr 2020 übertroffen (vgl. Grafik 1).
Grafik 1: Spannweite und Standardabweichung kotierter Fonds gegenüber SWIIT Index
Ursache für diese immense Spannweite waren nicht nur statistische Ausreisser. Der Blick auf die Entwicklung der Standardabweichung zeigt klar: Die durchschnittliche Abweichung der einzelnen Performances von ihrem Mittelwert ist deutlich höher als in der Vergangenheit mit Ausnahme des Jahres 2020.
Noch besser veranschaulichen lässt sich die Verteilung der relativen Performances anhand der Normalverteilung (vgl. Grafik 2). In den analysierten Jahren lagen die relativen Performances der einzelnen Fonds nahe am jeweiligen Mittelwert. In den Jahren 2020 und 2023 hingegen war der Anteil der Fonds mit grossen positiven oder negativen Abweichungen vom Mittelwert deutlich höher. Die Verteilung der relativen Performances war also sehr viel breiter als in den anderen Jahren.
Grafik 2: Normalverteilung der relativen Performances kotierter Fonds
Die aussergewöhnlich breite Streuung im Jahr 2020 lässt sich mit dem Ausbruch der Pandemie erklären. Während sich Wohnimmobilienfonds relativ schnell von der starken Korrektur im März 2020 erholten, standen auf kommerzielle Liegenschaften ausgerichtete Fonds über das gesamte Jahr unter Druck.
Gründe für die hohe Renditestreuung 2023
Die Ursachen für die hohe Streubreite im Jahre 2023 waren vielfältig. Nachfolgend die wichtigsten:
- Mehr Fonds im Index: Umfasste das Universum im Jahr 2008 noch 15 Fonds, sind es 2023 bereits deren 40. Damit steigt naturgemäss die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Fonds stärker von der Indexentwicklung abweichen.
- Verschuldung: Die steigenden Zinsen führten insbesondere bei Fonds mit hoher Fremdfinanzierungsquote und kurzer Zinsbindung zu Kurseinbussen (vgl. Grafik 3).
Grafik 3: Negativer Zusammenhang zwischen Fremdfinanzierungsquote und Total Return
- Bewertungen: Ebenfalls unter Druck kamen gewisse Fonds, deren Liegenschaften basierend auf unserer fundamentalen Analyse hoch bewertet waren und im Zuge steigender Diskontierungssätze die grössten Abwertungen verzeichnen mussten. Typischerweise sind dies eher jüngere, kleinere Fonds, die in der Vergangenheit stark gewachsen sind und ihr Liegenschaftsportfolio zu hohen Preisen aufgebaut hatten. Hinzu kommt: Einzelne Fonds wurden massiv unter ihrem Nettoinventarwert, d.h. mit hohem Disagio von über 30 Prozent, gehandelt. Dies erhöht Rücknahmerisiken. Rücknahmen können im schlimmsten Fall zur Liquidation eines Fonds führen.
Gute Ausgangslage für Überrenditen
Erwartungsgemäss hat das herausfordernde Marktumfeld im vergangenen Jahr zu einer stärkeren Differenzierung in der Selektion der kotierten Immobilienfonds geführt. Die einzelnen Fonds haben sich sehr unterschiedlich entwickelt und es ist folglich davon auszugehen, dass sich die Spreu vom Weizen getrennt hat.
Wir gehen auch künftig davon aus, dass die durchschnittliche Spannweite der Renditen überdurchschnittlich hoch bleiben dürfte. Die anhaltend breite Streuung der Renditen ist für aktive Fondsmanager eine gute Nachricht, denn damit besteht die Chance, mit einer passenden Positionierung Überrenditen (Alpha) für Anlegerinnen und Anleger zu generieren. Bedingung dafür ist jedoch, dass eine gründliche, fundamentale Beurteilung der Fonds und deren inhärenten Risiken auf Basis des Marktumfelds gemacht wird.