BVG-Abstimmung: Hintergründe aus der Pensions­kassen­studie

Bald entscheidet das Volk über die umstrittene BVG-Reform. Unsere Spezial­analyse zur Schweizer Pensions­kassen­studie von Swisscanto bietet eine neutrale Entscheidungs­hilfe – anhand von vier spannenden Grafiken.

Francesca Pitsch

Viele Pensionskassen haben den Umwandlungssatz bereits an die steigende Lebenserwartung angepasst. (Bild: Getty Images).

Nach einer intensiven und angeregten Kampagnen­phase im Sommer befindet sich der Abstimmungskampf über die BVG-Reform inzwischen auf der Zielgerade. Noch immer entzünden sich entlang des gesamten politischen Spektrums kontroverse Debatten um die Thematik. Umso mehr lohnt es sich, vor dem Ausfüllen der Stimm­unterlagen einen sachlichen Blick auf die Vorlage zu werfen.

Mit unserer Spezial­analyse der Schweizer Pensionskassen­studie von Swisscanto wollen wir hierzu eine Hilfe­stellung bieten und objektive Informationen für eine bessere Entscheidungs­findung präsentieren. Für eine möglichst leicht verständliche Orientierungs­hilfe konzentrieren wir uns dabei auf vier ausgewählte Grafiken. Die Daten der Studie basieren auf einer repräsentativen, jährlich durchgeführten Umfrage, an der Schweizer Vorsorge­einrichtungen partizipieren, die rund 70 Prozent des Vermögens in der beruflichen Vorsorge betreuen.

Im Wesentlichen wird das Stimmvolk am 22. September über folgende Punkte befinden:

  1. Zur finanziellen Stabilisierung der zweiten Säule soll der Mindestumwandlungs­satz von 6,8 auf 6,0 Prozent sinken. Damit wird dieser der steigenden Lebens­erwartung sowie dem tieferen Zinsumfeld angepasst. Um daraus resultierende Renten­kürzungen möglichst zu vermeiden, sind Kompensations­zahlungen in Form von  Renten­zuschlägen für die Übergangs­generation vorgesehen.
  2. Die Senkung des Koordinations­abzugs auf neu 20 Prozent des AHV-Lohnes soll die Versicherungs­leistungen insbesondere für tiefere Einkommen und Teilzeit­beschäftigte verbessern.
  3. Um die Einstellung oder Weiter­beschäftigung von über 55-Jährigen zu fördern, ist eine flachere Staffelung der Alters­gutschriften vorgesehen. Dadurch müssen Unternehmen für ihre älteren Arbeit­nehmenden weniger hohe Beiträge bezahlen, was eine Alters­diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt verhindern soll.
  4. Schliesslich soll auch die Eintritts­schwelle für die Aufnahme in die Pensions­kasse gesenkt werden.

Diese vier Grafiken sollten Sie kennen

Lesen Sie hier die Spezialanalyse zur Schweizer Pensionskassenstudie von Swisscanto zur BVG-Reform.

Anpassungsbedarf bei der Eintrittsschwelle

Ein Blick in die Schweizer Pensions­kassen­studie von Swisscanto zeigt, welche Aus­wirkungen die BVG-Reform für die Pensions­kassen und ihre Versicherten haben dürften. Auffallend ist, dass die umstrittene Senkung des Umwandlungs­satzes für viele Kassen deutlich weniger ins Gewicht fällt als beispielsweise die Senkung der Eintritts­schwelle. Die meisten Pensions­kassen wenden nämlich schon heute einen umhüllenden Umwandlungs­satz an, der deutlich tiefer liegt als der gesetzlich Mindest­umwandlungs­satz im Obligatorium. Dadurch ist inzwischen nur ein kleiner Teil der Versicherten von der Reduktion betroffen. Noch im Jahr 2016 lag der Wert deutlich höher.

Obwohl viele Pensions­kassen ihre Hausaufgaben gemacht und die Umwandlungs­sätze der steigenden Lebens­erwartung und dem veränderten Zinsumfeld angepasst haben, müssten sie bei der Annahme der Reform am 22. September für die Anpassungen aufkommen.

Auch beim Koordinations­abzug wären nur 11 Prozent der Vorsorge­einrichtungen von den veränderten Rahmen­bedingungen betroffen. Die übrigen Kassen haben entweder keinen Koordinations­abzug festgelegt (25 Prozent), einen variablen, unter anderem lohnabhängigen Wert definiert (43 Prozent), oder einen fixen, nach Beschäftigungsgrad gewichteten Koordinationsabzug gewählt.

Bei der Eintritts­schwelle besteht dagegen ein hoher Anpassungsbedarf. Rund 70 Prozent der Vorsorge­einrichtungen wenden nämlich eine Eintrittsschwelle gemäss BVG an. Zudem bestehen grosse Unterschiede innerhalb der Branchen.

Für Teilzeit­beschäftigte führt insbesondere die Senkung der Eintritts­schwelle dazu, dass sie neu in der zweiten Säule versichert wären. Dadurch erhalten sie Zugang zum dritten Beitrags­zahler, dem Anlagemarkt, der immerhin für jeden dritten Franken des angesparten Vorsorge­vermögens verantwortlich ist. Für die Versicherten ist dies langfristig ein Vorteil, gleichzeitig schmälern die Beiträge den Monatslohn.

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