Elektromobilität: 20 Millionen zusätzliche Ladesäulen bis 2030 nötig
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist das Rückgrat der Elektromobilität. Doch hier ist der Rückstand gross, während die Anzahl verkaufter Elektrofahrzeuge weiter zunimmt. Für Anlegerinnen und Anleger eröffnen sich Investitionschancen.
Autor: Manuel Renz
Die Anzahl verkaufter Elektrofahrzeuge nimmt auch 2023 zu und der Wachstumstrend hält Schätzungen zufolge mindestens bis 2030 an. Es wird mit einem jährlichen globalen Wachstum von 19,1 Prozent gerechnet.
Im Vergleich zu dem schon starken Wachstum von Elektrofahrzeugen bis 2030, ist das Wachstum an Ladestationen eklatant grösser. Prognosen zufolge liegt die jährliche Wachstumsrate (CAGR) bei 27,5%. Bis 2030 müsste die Anzahl der Ladesäulen in Europa von derzeit fünf auf über 24 Millionen zunehmen. Dabei fällt auf: Das Wachstum wird insbesondere durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu Hause oder in Mehrfamilienhäusern angetrieben.
Ein Hauptgrund hierfür ist, dass der Strompreis pro Kilowattstunde (kWh) für Privathaushalte deutlich günstiger ist im Vergleich zum Preis an einer öffentlichen Ladesäule. Der Preis für eine kWh Strom in der Stadt Zürich im Hochtarif liegt aktuell bei etwa 28 Rappen (ewz.econatur). Zum Vergleich: Die durchschnittlichen Kosten an öffentlichen Ladesäulen in der Stadt Zürich liegen derzeit etwa bei 60 Rappen pro kWh für das «Langsamladen» und bei 72 Rappen pro kWh für das «Schnellladen». Setzt man diese Preise ins Verhältnis zu den aktuellen durchschnittlichen Diesel- und Benzinpreisen in der Stadt Zürich von CHF 1,96 und 1,79 sind die monatlichen Gesamtkosten für Verbrennerfahrzeuge der unteren Mittelklasse günstiger, als wenn das Elektrofahrzeug an einer öffentlichen Ladestation betankt werden muss.
Grundsätzlich verursachen Elektrofahrzeuge tiefere monatliche Gesamtkosten. Das gilt derzeit aber nur, wenn zu Hause geladen wird. Drei von vier Elektrofahrzeug-Besitzer in der DACH-Region laden denn auch zuhause, wie eine Umfrage von UScale erhoben hat.
Der hohe Anteil an Mehrfamilienhäusern kann das Wachstum eintrüben
Die nachträgliche Installation einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in bestehenden Mehrfamilienhäusern kann eine umfangreiche und kostspielige Aufrüstung der gesamten Infrastruktur erfordern. Hinzu kommt: Die Installation von E-Ladestationen in Mehrfamilienhäusern kann komplexen Genehmigungsverfahren und Vorschriften unterliegen. Deutlich geringer sind indes die derzeitigen Kosten der Wallboxen. Seit der hohen Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in 2021 und 2022 sind die Preise für die «Tankstellen in der Garage» stark gefallen. Die Preisspanne beträgt zwischen CHF 300 bis CHF 500.
Allerdings: Nur sieben Prozent der untersuchten Mehrfamilienhäuser bieten derzeit ihren Bewohnern Wallboxen oder Ladesäulen an, wie aus einer Befragung des ADAC hervorgeht. Obwohl sich der Anteil von 2019 (2%) mehr als verdreifacht hat, ist er immer noch sehr niedrig. Schon elf Prozent der Immobilien bieten mindestens eine Steckdose zur Aufladung von Elektrofahrzeugen. Vor drei Jahren waren es nur zwei Prozent. Allerdings sind diese Steckdosen weniger geeignet als Wallboxen, da die Ladezeit im Vergleich deutlich länger ist.
Druck kommt hier aus der Politik: So werden beispielsweise in Frankreich oder Deutschland Wallboxen direkt gefördert. Weiter verpflichtet die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) neue Gebäude und Gebäude, die einer grösseren Renovierung unterzogen werden, entweder Ladestationen zu installieren oder die Installation einer Leitungsinfrastruktur auf Parkplätzen sicherzustellen.
Enormes Wachstumspotential in die Ladeinfrastruktur vorhanden
Obwohl der gestiegene Strompreis derzeit die Kaufentscheidung für ein Elektrofahrzeugs erschwert, bieten Investitionen in die Ladeinfrastruktur enorme Wachstumspotenziale. Insbesondere die breite Wertschöpfungskette von Stromlieferanten, Hersteller von Ladestationen, Netzwerkbetreibern und Zahlungsdienstleistern gibt Anlegerinnen und Anlegern zahlreiche Möglichkeiten, vom Zukunftstrend der Ladeinfrastruktur zu profitieren.
Regierungen weltweit sichern ihre Unterstützung zu, bieten Anreize und investieren massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Der EV-Lademarkt ist aufgrund kontinuierlicher technologischer Fortschritte wie schnelleren Ladelösungen für ein beträchtliches Wachstum bereit. Investoreninnen und Investoren können von diesem Trend profitieren, indem sie sich am Ausbau von Ladestationen und technologischen Innovationen beteiligen und die Entwicklung eines sauberen und nachhaltigen Transportsystems unterstützen. Durch das dynamische und noch sehr junge Wachstumsumfeld weisen jedoch insbesondere Ladeinfrastrukturanbieter derzeit teilweise noch negative Forward ROICs und bescheidene ESG Scores auf.
Name | 2yr - Forward ROIC | Enterprise Value / Invested Capital | ZKB Sustainability Score (A-G) |
Alfen | 33,0% | 5,7x | A |
Schneider Electric | 13,9% | 2,8x | A |
ABB | 10,9% | 3,2x | A |
Name | 2yr - Forward ROIC | Enterprise Value / Invested Capital | ZKB Sustainability Score (A-G) |
E.ON | 4,8% | 1,0x | D |
Enel | 7,0% | 1,2x | E |
Name | 2yr - Forward ROIC | Enterprise Value / Invested Capital | ZKB Sustainability Score (A-G) |
Chargepoint | - | 1,9x | D |
Fastned | 2,4% | 1,8x | D |
Allegro | 20,1% | 1,6x | -
|
(Quelle: Asset Management der ZKB, FactSet)
Die Tabellenwerte wurden gemäss unserer fundamentalen Finanzanalyse ausgewählt, in unseren aktiven fundamentalen Strategien finden jedoch mehrheitlich Titel Beachtung, die sich insbesondere durch Qualitätsaspekte (hohe ROICs, solide Finanzlage, gutes ESG-Profil, etc.) auszeichnen, deshalb beobachten wir die Entwicklungen in diesem spannenden Bereich laufend und passen unsere taktische Kapitalallokation fortlaufend aktiv an.
Rechtliche Hinweise: Die Publikationen wurden vom Buy-Side Research des Asset Managements der Zürcher Kantonalbank und nicht von der Abteilung «Finanzanalyse» im Sinne der von der Schweizerischen Bankiervereinigung herausgegebenen «Richtlinien zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Finanzanalyse» erstellt. Die Publikationen unterliegen folglich nicht diesen Richtlinien.