«Eidgenossen» - immer noch zu teuer?
Rund anderthalb Jahre ist es her, da haben wir über die hohen Preise der Schweizer Staatsobligationen berichtet. Nun nehmen wir dem Markt erneut den Puls und beleuchten mögliche Alternativen.
Rund 90 Basispunkte – so gross war der zehnjährige Swap-Spread im August 2022. Nach zwei volatilen Jahren beträgt er nun gut 50 Basispunkte. Damit liegt der Wert weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt zwischen 0 und 40 Basispunkten. Die verschiedenen Laufzeiten des Swap-Spreads divergieren aktuell mehr als in der Vergangenheit. So liegen die kurzen Laufzeiten bereits wieder im Bereich der historischen Werte. Auch die überraschende Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank provozierte bislang keine Änderung.
Was ist der Swap-Spread und was sagt er aus?
Swaps spiegeln die Zinserwartungen des Marktes und stellen für viele Marktteilnehmende ein gängiges Instrument dar, Zinsrisiken abzusichern. Der Swap-Spread ist die Differenz, resultierend aus dem Swap-Satz für eine bestimmte Laufzeit abzüglich der Rendite einer Obligation der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit identischer Laufzeit. Konkret: Der Schweizer 10-Jahres-Swap beispielsweise beträgt 1,16 Prozent (22.03.24), die Rendite einer zehnjährigen Obligation der Schweizerischer Eidgenossenschaft 0,63 Prozent (22.03.24). Der Swap-Spread beträgt somit 0,53 Prozent.
Die Höhe der Swap-Spreads ist ein Indikator für das im Markt vorherrschende Risikosentiment. Es gilt:
- Steigt die Nachfrage nach einer Absicherung des Zinsrisikos sind Marktteilnehmende bereit, mehr für die Absicherung zu zahlen. Das «Swappen» des Risikos wird teurer und resultiert in höheren Swap-Spreads.
- Weiter gilt: Steigt die Nachfrage nach Staatsanleihen stark an, führt dies – aufgrund der sinkenden Rendite – zu einem höheren Swap-Spread. Eidgenossen gelten als «sicherer Hafen» in Zeiten erhöhter Unsicherheit und hoher Risikoaversion.
- In der Vergangenheit konnte man einen Anstieg des Swap-Spreads auch dann beobachten, wenn die Märkte Zinserhöhungen der Zentralbanken einpreisten.
Unsicherheiten nähren Risikoaversion
Haupttreiber für das Auseinanderlaufen der Renditen von Swaps und «Eidgenossen», sind primär Unsicherheiten wie etwa die Folgen im Zusammenhang mit dem Untergang der Credit Suisse, Inflation oder Kriege. In einer solchen Gemengelage greifen Investorinnen und Investoren verstärkt nach den sicheren «Eidgenossen». Das war bei der jüngsten Tender-Auktion beobachtbar. Die Eidgenossenschaft stockte zwei Anleihen mit Verfall 2033 und 2043 um gut CHF 400 Millionen Franken auf. Insgesamt waren aber Gebote von über einer Milliarde eingereicht worden.
Abflachender Kapitalbedarf der Eidgenossenschaft
Ein weiterer preisstabilisierender Faktor ist das für 2024 von der eidgenössischen Finanzverwaltung geplante Anleiheemission-Volumen. Dieses ist geringer als zuvor. Demnach werden für das laufende Jahr Anleihen im Umfang von gut CHF 5 Milliarden emittiert. Unter Berücksichtigung der Fälligkeiten klettert der Anleihebestand der Eidgenossenschaft um CHF 1,8 Milliarden. Zum Vergleich: In den Jahren 2023 und 2022 hat sich der Bestand nach Fälligkeiten um CHF 3,4 Milliarden bzw. CHF 2,5 Milliarden erhöht. Hauptgrund für die abflachende Anleihevolumina ist die hiesige Schuldenbremse.
Was ist die Schweizer Schuldenbremse?
Die Schweizer Schuldenbremse ist seit 2003 in Kraft. Es handelt sich um eine verfassungsmässige Regelung, die die maximale Verschuldung des Bundes begrenzt. Gemäss dieser Regelung müssen die Ausgaben mit den Einnahmen langfristig im Gleichgewicht sein. Für den Gesamtstaat (Bund mit Kantonen und Gemeinden) beträgt die nach der Maastricht-Methode gemessene Schuldenquote per Ende 2023 rund 27 Prozent des BIP. Das Schuldenniveau der Schweiz liegt damit im internationalen Vergleich sehr tief. Folglich muss die Eidgenossenschaft tendenziell weniger Anleihen emittieren als Länder mit lockereren Haushaltsregeln. Die Schweizer Schuldenbremse fördert die Finanzstabilität und stärkt das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger in die langfristige Haushaltsführung des Landes.
Eidgenossen weiterhin zu teuer
Schaut man sich die verschiedenen Sektoren im Swiss-Bond-Index an, ist die relative Attraktivität der Eidgenossen, insbesondere in den längeren Laufzeiten, weiterhin tief. Wir bleiben in unseren Anlageprodukten bei Schweizer Staatsanleihen untergewichtet. Es gibt viele Alternativen mit attraktiveren Renditen bei ähnlichem Risiko.
Wo sind die Alternativen?
Beispiele sind Kantone, Schweizer Städte, die Pfandbriefzentrale Schweizer Kantonalbanken oder die Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute. Obligationen dieser Emittenten verfügen über AA- bis AAA-Ratings. Sie handeln weiterhin mit einem attraktiven Aufschlag gegenüber Eidgenossen und gelten mit ihrem hohen Kreditrating als sehr sicher. Die untenstehende Grafik zeigt die Spreads relativ zu Eidgenossen. Speziell der Aufschlag für die Pfandbriefe ist weiterhin deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Die jährliche Rendite des Eidgenossen mit Fälligkeit 2034 beträgt magere 0,63%, wohingegen eine ebenfalls mit AAA-bewertete Anleihen des Kantons Basel-Stadt eine Rendite von rund 1,14% erzielt, diejenige der Pfandbriefbank sogar 1,36%.
Wo wir vorsichtig bleiben
Industriesektor: Auch wenn der Spread/Risikoaufschlag in letzter Zeit wieder etwas gestiegen ist, befinden sich die Spreads im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Bei zyklischen Unternehmen erwarten wir mit einer weiter schwächelnden Industrie steigende Spreads. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) gilt dabei als wichtiger Frühindikator der Konjunkturentwicklung. Auch wenn sich der Index im Februar etwas erholt hat, blieb er zum vierzehnten Mal in Folge unter der Wachstumsschwelle.
Aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage bleibt die Auswahl der Emittenten weiterhin zentral, da höhere Refinanzierungskosten die finanzielle Stabilität von Unternehmen beeinträchtigen kann. Wir erwarten, dass die Kredit-Spreads von soliden, nicht-zyklischen Firmen weiterhin stabil bleiben werden.
Was ist ein Tenderverfahren?
Die «Eidgenossen» werden seit 1980 mittels Tenderverfahren emittiert. Jährlich im Dezember wird der Emissionskalender für das kommende Jahr veröffentlicht. In der Regel finden die Auktionen monatlich am zweiten Mittwoch des Monats statt. Bei der Ausgabe werden lediglich der Nominalzinssatz und die Laufzeit fixiert. Der Emissionsbetrag und der Ausgabepreis werden auf Grundlage der eingereichten Angebote bestimmt. Teilnehmende des Auktionsverfahrens können beliebig viele Angebote «bestens» oder zu unterschiedlichen Preisen einreichen. Die Zuteilung erfolgt nach dem Einheitspreisverfahren (holländisches Verfahren). Das heisst, es gilt für alle der niedrigste noch akzeptierte Preis. Berücksichtigt werden folglich nur jene, die mindestens den akzeptieren Preis oder «bestens» geboten haben.
Dieser Beitrag wurde aktualisiert. Ursprüngliche Veröffentlichung am 11. August 2022.